Die Kinder des Winters tanzten grazil herab vom Himmel und schwebten sanft hinunter in die Welt. Hier setzten sie sich nieder und vereinigten sich zu einer Decke, dort küssten sie zu heiß und und mussten bald schmelzend vergehen. Die Kälte war dem Mondkind sehr angenehm und so störte es sie auch nicht, dass Windfinger nach ihrem langen offenen Haar griffen und mit den Strähnen spielten. Weiße Peitschen, die allein ihre Trägerin trafen. Luftlinge erzählten von denen, vor denen man sich in acht nehmen musste und priesen Geheimnisse an, die es zu lüften galt. Ein kalter Hauch küsste die blassblauen Lippen der Malkavianerin und der Eiskristall verblieb auf der Unterlippe. Ísa reckte das Gesicht gen Himmel, schloss die Augen und genoss die frostige Liebkosung. Als sie die Aquamarinaugen dann wieder öffnete, glänzten und schimmerten die Schneeflocken in ihren weißen Wimpern und setzten tanzende Sternenkreise um den leuchtenden Mond am mitternachtsblauen Himmelszelt. Windböen trugen ihren klaren Sopran fort.
Unter dem langen weißen Kleid war nicht zu erkennen, ob und was für Schuhe die äußerlich 16-jährige trug; man konnte sich allerdings darüber wundern, dass sie nicht darüber stolperte. Und vielleicht auch darüber, dass sie zwar offensichtlich nicht fror, obwohl ihre Haut und insbesondere ihre Lippen und Fingernägel nahezu blau waren. Malkavs Tochter durfte die Tore passieren und verzichtete auf eine Fahrt über die Brücke. Lieber wollte sie zu Fuß darüber laufen -langsam- und so mochte die eine oder andere Limousine an ihr vorbei fahren. Sie findet ihren Weg zum Seiteneingang am Südflügel und verweilt einge Augenblicke an der Statue, die sie mit traurigem Blick anschaut. Fast als habe sie Mitleid mit dem, der seinen Kopf verloren hatte.
Nachdem die Mondtochter durch die Türe in die Eingangshalle getreten war, hatte die dunkle Steinstatue des Erzengels ihren Blick gefangen und wollte sie nicht mehr los lassen. Sie ließ sich von ihm anziehen und schritt an den Säulen und auch den Bediensteten vorbei, denen sie keinen Mantel abzugeben hat. In dem großen gräulichen Schulterbeutel trägt sie auch keine Waffen, lediglich ein technisches Gerät in Form eines Handys würde sich dort finden. Ísa umschreitet hypnotisiert den Anführer der himmlischen Heerscharen, betrachtet scheinbar jede Feder der mächtigen Flügel und bleibt dann wieder vor ihm stehen. Als versuche sie, in den harten Zügen Michaels zu lesen, starrt sie in die dunklen Augen und droht vielleicht gar dort verloren zu gehen.
... memories seep from my veins
let me be empty
and weightless and maybe
I'll find some peace tonight
in the arms of the angel
fly away from here ...
So, wie sie nun da steht, hat man aber die Möglichkeit, die Malkavianerin genauer zu betrachten. Das lange weiße Kleid und ihr offenes weißes Haar, welches sicherlich über einen Meter misst. Die Bruchstücke eines blauen Gletschers, die nur selten von einem Blinzeln der weißen Wimpern verdeckt werden und den kindlichen Eindruck der 16-jährigen noch einmal verstärken. Die schneeweiße Haut, die an Lippen und Fingernägeln bläulich schimmert, als sei sie unterkühlt. Den schlichten silbernen Ring am Mittelfinger der linken Hand, der nur nicht von ihren schlanken Fingern rutscht, da er zuzsammengedrückt wurde und hierdurch leicht verbeult erscheint. Offensichtlich war dieser Ring nicht für sie bestimmt gewesen oder jemand hatte ein unglaublich schlechtes Augenmaß bewiesen. Am rechten Handgelenk die feingliedrige Silberkette mit den kleinen Anhängern in Eiskristallform. Abwechselnd sind diese mit kleinen geschliffenen durchsichtigen oder hellblauen Steinchen versehen, die dezent glitzern. Und dann natürlich der beinahe einschlussfreie Bergkristall in Zepterquarzform mit dem eingravierten und versilberten "I", der von einer feingliedrigen Silberkette um den Hals gehalten wird.