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Einmal hin und zurück


Einmal hin und zurück

Postby Julia Richter » 04 Dec 2012, 13:14

Hamburg. Der Regen prasselt auf die Windschutzscheibe des Autos, die Scheibenwischer wirken in ihrer immer gleichen Bewegung hypnotisch. Ich starre sie an, dann wieder auf die roten Bremslichter des Wagens vor mir und wieder zu den Wischern zurück. So lange ist es noch nicht her, dass ich aus Hamburg weg bin und nun, nun bin ich wieder hier. Zurück gerufen von meinem Erzeuger. Leise blubbert der V8 des Wagens vor sich hin. Er will bewegt werden, doch die Elbbrücken sind mal wieder verstopft, selbst um diese Uhrzeit. Baustellen und die fehlende Ringautobahn. Durch Hamburg quält sich der Verkehr wie durch ein Nadelöhr. Und ich stecke wieder mitten drin. Was wird mich erwarten, warum hat er mich zurück beordert? Meine Hand streckt sich zum Autoradio. On. Es setzt die Musik ein, leiser Gitarrensound summt aus den Boxen. „Bady did a bad bad thing“



Ich hatte mich in Leipzigs etwas zurück gezogen, hab mein Geschäft aufgebaut. War das der Fehler? Wir sind aber doch Einzelgänger und gerade er, der viele Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte, alleine durch die Welt zog, muss das doch verstehen. Vielleicht hab ich mich zu sehr ferngehalten von den Gestalten der Nacht. Ich schau auf meine Hände, auf meine Finger. Leipzig. Dort habe ich zum ersten Mal meine Krallen genutzt. Dort ist mir der Geduldsfaden binnen weniger Tage gerissen. Geduld … Gespielt wurde, wobei Tiere nicht spielen … diese Lackeien und Speichellecker, Arschkriecher. Jeder gegen Jeden. Tut es mir leid wieder in Hamburg zu sein? Vielleicht, denn dort … dort habe ich diese roten Lippen gesehen, Lippen die Erinnerungen wachgerufen haben. Erinnerung an etwas, was ich schon fast vergessen hatte.



Ich rutsche in den schwarzen Ledersitz hin und her, bis ich eine vermeidlich bessere Sitzposition erreicht habe. Mein Fuß gleitet von der Bremse und das Automatikgetriebe schiebt den Wagen etwas vorwärts. Dann wieder rote Lichter, bremsen, Stopp and Go. Ich bin genervt, der Regen trommelt unablässig auf das Autoblech. Vielleicht werde ich zum Rapport bestellt, weil ich die Chance die man mir bot nicht mit beiden Händen ergriffen habe. Ich habe es vergeigt … das kann der einzige Grund sein. Mit meinen Fingerspitzen befreie ich eine Zigarette aus der Packung, die auf dem Armaturenbrett liegt und schiebe mir den Filter zwischen die Lippen. Selbstzweifel? Ich fühlte mich stark und bereit, doch die Saat des Zweifels keimte so wunderbar in mir. Er ist ein guter Erstgeborener befinde ich. Aber im Grunde sind wir alle alleine. Umgeben uns mit schlagenden Herzen aber selber fühlt man nichts. Hellblau. Selbst im Rudel, diese lächerlichen Spielchen. Leicht schüttle ich den Kopf, dann schleicht sich das sanfte Lächeln zurück auf meine Lippen und der Zigarettenanzünder erweckt die Zigarette zum Leben. Tief sauge ich den Rauch in mich auf, in meine toten Lungen und blase ihn wieder hinaus.



Ich schaue in den Wagen neben mir, der Fahrer, ein Anzugträger, telefoniert. An seinem immer wiederholenden Kopfneigen erkenne ich, dass er mit jemanden spricht, dem er gerade so richtig in den Arsch kriecht. Vielleicht seinem Chef, oder seiner Domina. Der Gedanke amüsiert mich. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir stehen. Schon seit 20 Minuten, stillstand. Ich schalte von CD auf Radio … „Unfall in der Baustelle vor den Elbbrücken komplette Sperrung der Fahrbahn…“



„Fuck.“ Brummle ich während ich meinen Blick wieder auf meinen eifrig nickenden Nachbarn lenke. Sind wir besser? Wir jagen Titeln und Rängen nach, die wir von wem auch immer bekommen. Ich verziehe mein Gesicht und verenge meine Augen zu Schlitzen. Der Motor stirbt, als ich den Zündschlüssel abziehe. Die kühle, vom Regen geschwängerte Nachtluft empfängt mich, während ich aussteige. Ich schaue in den dunklen Himmel, die Feuchtigkeit dringt sofort durch meine Kleidung, ich bin binnen Sekunden Nass bis auf die Haut. Das Lächeln ist einem Raubtiergrinsen gewichen und ich gehe einfach an den verblüfft schauenden Fahrern der anderen Fahrzeuge vorbei… der Weg ist die Geschichte … und mein Weg endet nicht hier."Baby did a bad bad thing..."
"Some people just need a high-five.
In the Face.
With a chair."
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Julia Richter
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