Die Ventrue hatte eine kurze Notiz erhalten, ganz formell und in bedruckten Buchstaben, dass Ihr Schreiben erhalten worden war. Und damit schien auch alles notwendige gesagt zu sein, denn weitere Anmerkungen vor dem genannten Termin folgten weder in dieser noch in einer anderen Nacht.
Der Abend selbst dann zeigte sich als kühl und bewölkt, sodass kein einziger Stern das Himmelszelt bedeckte. Viel mehr noch wirkte es so, als ob die Wolken sich vom schwarzen Schleier gelöst und ausgebreitet hatten, hier unten in Leipzig. Dabei nicht dicht und zäh genug, dass man nicht noch etwas sehen könnte, aber dafür grau und verschwommen. Die Luft klebte an der Haut und hinterließ einen leicht glänzenden Schimmer, als wollte sie in jede Pore kriechen und alles erfassen, was greifbar war.
Die Engländerin würde ein wenig früher da sein, als 20 Uhr und in Begleitung neben dem Eingang zum Denkmal selbst verweilen. Vor ihr breitete sich dabei wie ein dunkler Teppich das lange, rechteckige Becken aus, das gepaart mit dem Nebel wie eine schwere Masse mit unendlicher Tiefe erscheinen wollte. Das stark beleuchtete Bauwerk hinter ihr, zeigte sich so massiv und gewaltig, dass man daneben untergehen konnte, noch mehr als bei hohen Kirchtürmen oder Schlössern – vermutlich auch der Architektur zu verschulden.
Sie trug einen schwarzen Mantel, dazu einen gehäkelten Glockenhut und schlichte, ebenfalls dunkle Lederpumps. Der Herr neben ihr hielt einen Schirm, allerdings geschlossen und schien auch mehr Freund mit dem Hintergrund zu sein. Schwarz, das war seins. Ein Jakett, ein schlichtes Hemd darunter, und die passende Hose. Er hatte kurzes, dunkelblondes Haar und ein ernstes Gesicht. Nicht besonders markant und auch nicht übermäßig charismatisch. Aber weder der Toreador noch ihm schien es etwas auszumachen in den unklaren Silhouetten und Schemen zu verweilen. Hier und da wurde ein knappes Wort gewechselt.
Der Eingang neben ihnen war von Innen heraus noch erleuchtet, aber das eigentliche Werbeplakat zum Museum samt Aufsteller blieben verschwunden. Aber Besucher waren hier heute Abend sowieso sehr rar. Unter der Woche, kalte Jahreszeit, graues Wetter. Bereits dunkel. Keine offzielle Öffnungszeit mehr. Und auch das Gelände wirkte gerade nicht besonders einladend zum Spazierengehen. Dennoch hörte man hier und da ein Gröllen oder Stimmen in der Nacht – ganz abgesehen von Gummi auf Asphalt.