Go to footer

Monatsthemen Miriam


Monatsthemen Miriam

Postby Miriam Emmerich » 14 Nov 2014, 15:01

Januar '14: Finsternis

Die Finsternis, so sagt man, ängstigt einen Menschen. Man weiß nie was in den Schatten lauert. Welche Monster, die uns Hollywood nur als Fiktion verkauft, wirklich existieren. Doch selbst als Mensch ist man in der Lage irgendwann die Angst vor dem, was im Verborgenen warten könnte, zu überwinden. Es gibt eine Finsternis, die umsorgt, behütet, wärmt. Die das Herz mit Freude erfüllt...

Die letzten Wochen waren sehr hektisch gewesen für Miriam. Süße 19 Jahre alt und noch nicht mal fertig mit der Ausbildung... was sie allerdings nicht davon abhielt an Turnieren teilzunehmen. Die Wände ihres WG-Zimmers schmückten etliche Auszeichnungen und Urkunden, in den Regalen standen Preise und Pokale.
Tanzen, das war ihr Leben seitdem sie denken konnte. Mit drei hatte man sie zum Ballett geschickt. Mit 12 kam dann, etwa gleichzeitig mit dem Interesse zum anderen Geschlecht, der Wechsel zum Paartanz - mit dem festen Ziel an Wettkämpfen teilnehmen zu können.

Die letzten Wochen waren wirklich sehr hektisch gewesen. Miriam rannte vom Training zur Anprobe des Kostüms weiter zum Fitnessstudio. Immer so weiter. Jeden Tag. Jedenfalls fühlte es sich so an. Ein strikter Diätplan musste eingehalten werden. In dieser Zeit kein Fast Food, keine ungesättigten Fettsäuren, Kalorienzählen... Miri fühlte sich irgendwie eher wie ein Haustier, das für eine dieser Züchtershows zurechtgemacht wurde als wie ein Mensch. Die Zeit, die sie beim Friseur, der Maniküre und Pediküre verbrachte war eine willkommene Abwechslung und die wenige Zeit, in der sie mal entspannen konnte. Bevor es dann wieder weiter ging. Termin auf Termin auf Termin, bis sie am Abend dann halbtot in's Bett fiel. Freizeit war in diesen Ausnahmesituationen ein Fremdwort.

Manchmal fragte sie sich, warum sie sich das eigentlich antat... Warum sie diesen Stress auch noch freiwillig mitmachte und über sich ergehen ließ. Doch ein Blick an die Wände ihres Zimmers gab ihr die Antwort: Weil es das war, wofür sie lebte. Wofür das Herz in ihrer Brust schlug. Ihre Leidenschaft. Ihre große Liebe, an die kein Mann heranreichen würde.

Der Stress gipfelte dann am Tag des Wettkampfes. Zu Zeiten in denen sich Otto Normal Verbraucher wohlig schmatzend herumdrehten und weiter schliefen klingelte ihr Wecker und nur eine Dusche, anziehen und dem Griff nach ihrer gepackten Tasche später saß sie auch schon im Halbschlaf im kleinen Bus der sie und ihr Team zum Ort des Wettkampfes fuhr.
Als Mann hatte man es da recht leicht. Man bekam das Gesicht geschminkt um eventuelle Unreinheiten zu überdecken und damit man im hellen Scheinwerferlicht nicht so käsig aussah - und Puder, damit die Haut nicht so glänzte. Kostüm an, Haare noch zurecht gezupft, Feierabend.
Frau hatte da schon eher die Arschkarte. Um Miriam schwirrte gleichzeitig ein Team aus drei Frauen. Zwei machten die Haare, die Dritte kümmerte sich um das MakeUp. Gleichzeitig wurde im Hintergrund schon das hautenge Kostüm ausgepackt und die Schneiderin bereitete sich vor, um es noch ein letztes Mal anzupassen. Kaffee half um während der ganzen Prozedur nicht wieder einzuschlafen.

Irgendwann war das Koffein allerdings nicht mehr nötig. Eine angenehme Nervosität breitete sich in Miriam aus, je näher ihr Auftritt rückte. Gedanklich ging sie bereits die Bewegungsabläufe des Tanzes durch während die Schneiderin mit letzten Nähten das Kostüm genau auf ihren schlanken Körper anpasste. 2, 3, 4, Drehung... Tief atmete sie durch, ehe sie sich dann in eine etwas stillere Ecke verzog und die Wildledersohlen ihrer Tanzschuhe allein und ungestört aufrauhte. Ein kleines Ritual vor jedem Auftritt, das Glück bringen sollte. Gerade als sie die Schnallen der Schuhe wieder geschlossen hatte kam ein Mitarbeiter der Veranstalter und kündigte an, das Miriam und ihr Partner als nächstes an der Reihe waren. Es ging los.

Nun stand sie da also, bangte die letzten Minuten vor ihrem Auftritt. Es war stockdunkel in dem Flur, in dem sie warten mussten, Hand in Hand. Von Finsternis umgeben, hörten nur vor angenehmer Aufregung das Blut in ihren Ohren rauschen und ihre Herzen in der Brust schlagen. Vorfreude ergriff sie, umfing sie genau so wie diese abwartende Finsternis.

Die Finsternis wich gleichzeitig mit der Stille, als die Tür vor ihnen aufging und der Applaus der Zuschauer aufbrandete.

Nach der Nacht folgte der Morgen und das Licht verdrängte die Finsternis.
"Ich brauche die Schuhe wirklich noch in grün...! ... Und in violett...!"
User avatar
Miriam Emmerich
Mensch
 
Posts: 183
Joined: 22 Nov 2013, 00:21

Return to Board index

Return to Leipzig Inplay

Who is online

Users browsing this forum: No registered users and 5 guests