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Asisi Panometer [Jean]


Asisi Panometer [Jean]

Postby Anna-Lukardis von Egidy » 29 Oct 2014, 10:57

Es kribbelte und kribbelte in ihrem Genick, als sie das Elysium verlassen hatte. Als hätten die Augen ihre Haut berührt und als wären die Wimpern dabei so rau wie Fingernägel gewesen. Ein Schaudern hatte Anna nach dem Gespräch mit der Hüterin aus dem Elysium hinaus begleitet. Das und ein paar Gedanken, die sie sich auf dem Heimweg über die Zusammenkunft machte. Über die, die jetzt vergangen war und auch über die, die noch bevor stand. Es gab noch so viel, das sie lernen musste.

Der Donnerstag, von welchem Jean gesprochen hatte, war natürlich noch nicht da, als die Toreador Post von der kleinen Ventrue erhielt. Passten die saubere, aber haarscharf an der Unleserlichkeit vorbei schrammende Schrift und das nicht grade ausgesuchte, gewöhnliche Papier inzwischen zum Bild?


Wohlwerte Jean Carpenter,
Neugeborene vom Clan Toreador,
Erstgeborene vom Clan Toreador,
Hüterin des Pleißenburg Elysiums,

wie mit Ihnen besprochen ist es mir eine besondere Freude, Sie am kommenden Donnerstag ins Asisi Panometer einladen zu dürfen. Wir werden die Ausstellungsräumlichkeiten an diesem Abend für uns alleine haben und ganz wie es Ihnen lieber ist mit einem Führer oder ohne.

Gemeinsam können wir dort auf Zeitreise in die Vergangenheit gehen und die Ausstellung verspricht, dass wir die Besonderheiten Leipzigs kennen lernen. Drei wesentliche Aspekte sollen bis heute die Geschicke der Stadt prägen: der Handel, die Welt der Bücher und Gelehrten und die Künste. Um die historischen Zusammenhänge rund um die Völkerschlacht besser fassen zu können, wird ein Blick in die politischen Verhältnisse des frühen 19. Jahrhunderts gewährt. Auch die künstlerische Motivation Yadegar Asisis, die Frage danach, was diese Schlacht für die friedlichen Bewohner der Stadt bedeutet hat, wird erhellt. Anschließend können wir das größte Panorama der Welt betrachten.

Ich freue mich außerordentlich auf diesen Abend und richte mich gerne nach Ihren Wünschen bezüglich der Uhrzeit.

Mit freundlichen Grüßen

Anna-Lukardis von Egidy
Neugeborene vom Clan Ventrue
Kind von Christoph Ralph von Egidy
Ancilla vom Clan Ventrue
Prinz der Domäne Strehla
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Jean Carpenter » 29 Oct 2014, 20:46

Wie auch schon bei ihrem ersten Schriftverkehr wurde der Ventrue ein fester, weißer Umschlag zugeschrieben, auf dem lediglich ihr Name in schwarzer Tinte erfasst worden war und versiegelt von dem dunkelroten JC verschlossen im Elysium darauf wartete, entgegen genommen zu werden. Ein für den kurz bemessenen Zeitraum nur knappes Antwortschreiben war einmal gefaltet zwischen dünnem Papier eingehüllt, handschriftlich und in der selben zielsicheren Weise geradlinig auf unsichtbaren Bahnen zu Zeilen geführt worden.

„Werte Anna-Lukardis von Egidy,
Neugeborene des Clans Ventrue,

mit Freuden sehe ich dem Abend entgegen und überlasse Ihnen jegliche Entscheidung bezüglich des gegebenen Rahmens. Es steht Ihnen frei die Plattform für dieses Treffen selbst zu gestalten und Details zu bestimmen.

So gedenke ich zur neunten Stunde post meridiem einzutreffen und verbleibe bis dahin voll der Neugier und freundlichen Grüßen.

Jean Carpenter,
Neugeborene des Clans Toreador,
Erste ihres Blutes zu Leipzig,
Hüterin des Pleißenburg Elysiums.“
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Anna-Lukardis von Egidy » 30 Oct 2014, 09:48

Ein rundes Bauwerk aus gelblichem Backstein mit einem gläsernen Vorbau bot den Rahmen für die Ausstellung, für welche sich Anna interessierte und welche die Erste der Rosen mit ihr besuchen würde. Allerdings war die Ausstellung heute geschlossen, jedenfalls für den üblichen Besucher, denn die kleine Ventrue hatte sich die Ausstellung zusammen mit einer exklusiven, optionalen Führung für diesen Abend erkauft. Das war allerdings keine Kunst, das machten ab und zu auch Firmen oder Vereine.

(Asisi Panometer von außen)

Die Zeit, zu welcher die Hüterin eintreffen wurde, hatte diese in ihrem Antwortschreiben angekündigt und ob es jetzt der Nervosität geschuldet war oder dem Gedanken, unbedingt vorher da sein zu wollen, das konnte man sich denken oder nicht. Tatsache war, dass Anna schon in dem gläsernen Anbau stand, lange, bevor auf ein Eintreffen Jeans überhaupt nur zu denken war. Ihren Menschen hatte sie auch dabei, der allerdings hielt sich so sehr im Hintergrund, dass man ihn von außen erst einmal gar nicht bemerkte.

Sie trug Rot. Rostrot, um genau zu sein. Ein Zweiteiler bestehend aus einem Faltenrock und einem Blazer, dazu ein dünner Rollkragenpullover in einem dunkleren Rot. Dazu eine dünne Strumpfhose im Hautton und schwarze, flache Lederhalbschuhe. Und wieder versank der dürre Körper etwas in der eigentlich passend gekauften Kleidung. In der Kinderabteilung gab’s solche Stücke eben einfach nicht. Das Haar war dieses Mal etwas mehr nach hinten frisiert, das fahle Gesicht nur leicht geschminkt. Das zerbrechliche, hagere Wesen konnte so streng wirken, so kalt sein, so unentspannt, während Anna wartete.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Jean Carpenter » 30 Oct 2014, 11:20

Kurz vor 21 Uhr hielt ein Stück entfernt von dem Eingang und damit auch dem nächst größten Lichtkegel ein dunkler Wagen mit dem vertrauten, knirschenden Geräusch von langsam werdenen Gummi auf leicht sandig, kieseligem Untergrund. Daraufhin entstieg der Fahrerseite ein Dunkelblonder im schlichten Anzug, um den Wagen einmal zu umrunden und die hintere Tür zu öffnen. Darüber hinaus schien ihm sogar daran zu liegen, der Dame hinaus zu helfen und offerierte ihr die unbedeckte Hand. Die Toreador nahm das Angebot in einer routinierten Weise an, besah sich dabei flüchtig den Weg, der ihr nächstes Ziel sein sollte und wechselte noch wenige Wörter mit dem unbekannten Mann. Letztlich begab sie sich dann allein die Schritten zum Panometer entlang, gekleidet in einen dunkelroten Mantel, um den Hals der helle Fuchs, und mit jedem Gang vorwärts offenbarte sich auch ein Teil des darunter liegenden Kleides. Im gesamten mochte die Art ihrer Erscheinung sich absolut nicht verändert haben zu der, die man auch bereits im Elysium hatte bemerken können.

Selbst die Mimik schien nicht besonders anders. Noch ehe die Glasfront erreicht war, hatte sich das leichte Lächeln auf ihre bleichen Züge gelegt und damit ein Stück der Stille der Augen aufgewertet.

Während sie ihr Ziel erreicht hatte, blieb das Fahrzeug im Hintergrund wo es war, auch wenn die Engländerin es offensichtlich bevorzugt hatte, allein die Räumlichkeiten zu betreten.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Anna-Lukardis von Egidy » 30 Oct 2014, 11:34

Eigentlich wäre ihr Mensch, Johannes, passend dafür gewesen, um der Hüterin die Tür aufzumachen. Aber stattdessen machte das Anna. Nicht nur aus purer Höflichkeit, sondern auch aus dem Grund heraus, dass die Tür nur von innen zu öffnen war und es einen Tick länger gedauert hätte, Jean herein zu lassen, wenn der Mensch das getan hätte. Und aus nicht wenig verständlichen Gründen wollte die kleine Ventrue nicht Würdenträgerin nicht unnötig warten lassen.

Wenn Anna sich freute, dann sah man das nicht daran, dass sie überschwänglich wurde oder im ganzen Gesicht lächelte. Man sah es einfach nur den matten Augen an, die einen weniger toten Eindruck machten. Eher einen leicht aufgeregten. Und weil die hagere Person heute Abend so etwas wie eine Gastgeberin war, agierte sie auch gleich als solche und erlaubte es sich dazu, das Wiedersehen so zu beginnen.


„Guten Abend, Frau Carpenter. Wie schön, dass Sie es einrichten konnten.“

Einen Schritt trat sie natürlich zur Seite, die Toreador sollte sich ja nicht vorbei drängeln müssen und in der Zwischenzeit kam auch der lebendige Kleiderständer näher. Er sah nicht so aus, als wäre das seine eigentliche Funktion, aber jeder musste sich eben den Gegebenheiten fügen. Und irgendwie gelang es Anna, den Kopf zu neigen, so wie in den heiligen Hallen und für die Rose war die Geste offensichtlich, für alle unwissenden sah Anna einfach nur kurz auf ihre Schuhe?

„Bitte.“

Ein kleiner Hinweis darauf, nachdem die kleine Ventrue wieder aufgesehen hatte, dass Johannes den Mantel entgegennehmen und aufbewahren würde, wenn Jean ihn ablegen wollte. Die Tür fiel nach dem Eintreten von Jean dann auch von alleine wieder zu und der Abend konnte so beginnen.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Jean Carpenter » 30 Oct 2014, 13:15

Die Toreador gedachte ihre Begrüßung erst nach dem Eintreten zu erwidern, ohne ihren Blick umher schweifen oder gar den Menschen mit Aufmerksamkeit zu bedenken. Nein, es war und blieb Anna. Das in diesem Licht mehr braun als grün erscheinende Augenmerk suchte zielsicher den Sichtkontakt zu denen der hageren Frau, um jene mit der Stille darin zu bedenken.

Das Lächeln ein Stück hervorhebend, nickte die Engländerin leicht, als einleitende Gestik zu den folgenden Worten.

„Den wünsche ich Ihnen ebenso Frau von Egidy. Und ich bin zugegebenermaßen ganz gespannt, was dieser Abend bergen mag.“

Als sich dann auch der Kleiderständer näherte, offenbarte sich erst jetzt unter dem massigen Stoff des linken Armes die schmale, henkellose Handtasche aus dunkelbraunem, schon sehr abgenutzten Leder. Denn so deutete sich bereits an, den Mantel abzulegen, würde sich auch hinaus helfen lassen, um letztlich in Weiß zu verweilen. Den Fuchs beließ sie, wo er war, direkt an den Schultern und auch ihre mitgebrachten Utensilien innerhalb des Beutels wurden nicht abgegeben.

Sich so wieder der Deutschen zuwendend, mochte man meinen einen Anflug von neuerlicher Betrachtung in ihren Fokus interpretieren zu wollen, ehe sie lediglich ihre vertraute, eher weniger regsame Haltung einnahm.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Anna-Lukardis von Egidy » 30 Oct 2014, 14:51

Gespannt? Das war Anna auch. Besonders geübt war sie in der Ausrichtung eines solchen Abends nicht und den Verdacht hegte Jean vielleicht auch? Das hagere Wesen konnte eine ganz leichte Aufregung einfach nicht ganz verbergen, wobei diese eigentlich nur dadurch zum Vorschein kam, dass sie sogar noch verkrampfter auftrat, als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Zwar kam sie einem nicht eingeschüchtert vor oder sich ihrer selbst nicht bewusst oder nicht sicher, trotzdem war da etwas, das ganz deutlich mitschwang. Locker war anders. Entspannt auch. Das war es, was Jean also wahrnehmen konnte, wenn sie die kleine Ventrue in den Fokus rückte.

„Ich habe mir überlegt, dass wir die Ausstellung erst einmal ohne Führer besuchen, ganz einfach, weil die Bilder von Leipzig viel über das Stadtbild aussagen und ich Sie nicht mit einer Geschichte langweilen möchte, die Sie längst kennen.“

Einladend deutete Anna auf den eigentlichen Eingang in das Gebäude und setzte sich, sobald Jean das tat, zusammen mit der Hüterin in Bewegung.

„Soweit ich mir einen Überblick verschaffen konnte, sind hier die größten Panoramenbilder der Welt zu finden. Es ist also, als wäre man mittendrin und würde die Standorte wechseln, obwohl man immer an Ort und Stelle stehen bleibt.“

Anna führte die Toreador hinein und tatsächlich, Leipzig war überall. Bekannte Gebäude waren fotografiert, Persönlichkeiten der Stadt gemalt und das schon in dem Trakt, der zur eigentlichen Ausstellung gar nicht gehörte.

„Aber was ich am spannendsten fand.“

Plötzlich hielt sie inne.

„Nein.“

Es war kaum zu fassen, aber das hagere Wesen konnte doch tatsächlich verschwörerisch grinsen!

„Damit werde ich Sie einfach überraschen.“

Noch ein kurzer Blick, dann starb der ungewohnte Ausdruck in ihrem Gesicht zu Gunsten dessen, welchen Jean inzwischen nun sehr gut kannte.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Jean Carpenter » 30 Oct 2014, 23:18

Wenn man vermutete, dass die Toreador die feinen Nuancen der Veränderung wahrnahm, so wurde man eventuell enttäuscht, als sich daraufhin weiter keine Reaktion zeigte – weder verbal, noch in nonverbaler Form. Vielleicht war es eine Form von Taktgefühl oder Anstand, oder vielleicht auch mangelndes Interesse daran. Letztlich gab es viele Interpretationsmöglichkeiten, ohne das man die wahre Antwort dahinter erkennen würde.

Jean leitete das Gehen in die angedeutete Richtung ruhigen Schrittes ein, der begleitet von dem sachten Klacken des breiten Absatzes dennoch eine gewisse Zielstrebigkeit nicht ausblenden wollte. Dabei war nichts als Ende gesetzt worden.

Erstmalig war es dann, dass sich der Fokus ihrer grünbraunen Augen von der Deutschen in den Raum hinein lenkte, der die Stadt in seinen verschiedenen Facetten zeigte. Was sie davon aufnahm und wie es für sie wirkte, wollte jedoch genauso ein Geheimnis bleiben, wie der Rest ihrer Gedankenwelt. Dafür aber erhob sie nun ihrerseits wieder das Wort.

„Seien Sie vorsichtig mit Ihren Erwartungen.“ es klang nicht, als ob sie ihr drohen oder sie unterweisen wollte, viel mehr hatte es einen wärmeren Unterton als gewöhnlich.

„Nicht meinetwegen. Sondern für sich selbst.“
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Anna-Lukardis von Egidy » 31 Oct 2014, 10:03

Leipzig war überall rund um sie herum. Anna selbst konnte nicht jedes Bild und auch nicht jedes Kunstwerk einordnen, dafür wäre ein Führer eben doch praktisch gewesen, aber es schien etwas zu geben, das sie über all das hinweg, was man auf dem Weg zum eigentlichen Vorstellungs- oder Vorführraum betrachten konnte, beeindruckt hatte.

Seien Sie vorsichtig mit ihren Erwartungen. Die Hüterin sagte das und die matten, toten Augen sahen zu der Rose hin, der Mund aber sagte nichts dazu. Im Moment gab es vielleicht auch gar nichts, das man noch hätte sagen können, denn manchmal sagten Bilder mehr als Worte? Nur dass es keine Bilder mehr gab.

Sie erreichten einen runden Raum, der nur von einer Seite aus zugänglich war. Das kühle Licht darin war gedämpft wie in einem Kino, man sah eben genug, um auf das Podest in der Mitte zu finden, ohne sich dabei großartig orientieren zu müssen. Die Geländer führten die Besucher ja eh nur in diese eine Richtung und so fanden sich die Toreador und die kleine Ventrue auf einer runden Plattform wieder, die von Schwärze und weißem, indirektem Licht umgeben war. Sitzmöglichkeiten gab es keine. Warum, das erklärte die runde Form des Raumes von selbst. Man sollte die Möglichkeit behalten, sich drehen und wenden zu können, wie man es gerade wollte. Aber das Schwarz war links genau so düster wie rechts?

Ein Zeichen seitens Annas gab es nicht. Sie stellte sich einfach nur in die Mitte des Podests und wenn Jean auch zum Stillstand kam, dann ging das Licht für eine Sekunde komplett aus. Die Dunkelheit und die Stille, die einen Moment lang drohten, sie beide zu verschluckte, wurden von Wagner und eine Bild, das langsam um sie herum aufglimmte, verdrängt.

Leipzig bei Nacht.

Sie befanden sich irgendwo weit darüber, vielleicht auf dem höchsten Punkt der Stadt. Der Unterschied war nur, dass ihnen hier Wind und Wetter nichts ausmachen würden, aber so wie es aussah, befanden sie sich jetzt gerade eh in einer klaren Nacht. Das Bild stand erst still, dann bewegten sich träge und unzählige Lichter durch die Straßen und wurden schneller, bis nur noch gelb-orange-rote Lichtlinien das dunkle Bild der Stadt unterbrachen. Dann nahm Wagner eine neue Wendung und man fuhr ohne sich zu bewegen langsam durch die Stadt, vorbei an Denkmälern, die so, in dieser Weise, gar nicht beieinander standen. Blickwinkel, die man nur von oben haben konnte oder von ganz tief unten, das variierte. Ohne jede Hektik lernten sie die Stadt kennen. Aber noch reisten sie nicht in der Zeit zurück, im Moment gab es nur das hier und heute, das vertraute Bild einer Stadt, die im Dunkeln lag.

Dann endete die Reise durch die Straßen und sie nahmen gemeinsam wieder die Perspektive eines Vogels ein. Die Bilder ruhten wieder, zeigten einmal Leipzig in der Frühlingsnacht, in einer Sommernacht, im Herbst und im Winter und so direkt hintereinander gezeigt fiel auf, wie groß die Unterschiede waren, selbst in der Nacht.

Bis auf den Eingang zu dem übermäßig großen Raum waren die Wände, der Boden, mit Bildmaterial erfüllt. Als würde man schweben. Und als Wagner zur Dramatik wurde, sahen sie über die Dächer der Stadt hinweg zum Horizont und dieser begann erst einen schmalen, goldenen Faden zu zeigen, welcher langsam zu glimmen begann und dann tiefrot, violett, blau und gelb zu brennen.

Nur einen Moment noch, dann würden die Schatten unter ihnen immer unaufhaltsam länger werden.
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Re: Asisi Panometer [Jean]

Postby Jean Carpenter » 31 Oct 2014, 10:57

Wie sie durch den Raum gingen, vorbei an den zahlreichen Bildern, wandte sich die Toreador an den passenden Stellen eben jenen zu, weiterhin ohne das Gesehene zu kommentieren oder mit Anna zu kommunizieren. Es wollte dabei jedoch nicht ausbleiben, dass sie letztere hier und da mit Aufmerksamkeit bedachte, zumindest solange sie den Trakt nicht verlassen hatten.

Sobald sie den hohen, kreisförmigen Saal erreichten, trat die Engländerin mit der Ventrue an ihrer Seite bis zur Mitte. Es mochte in diesem Moment nach außenhin einen eigenwilligen Eindruck erwecken, wie die beiden Damen dort verweilten, mit nichts um sie herum, außer dem diffusen Lichtkegel.

Schwärze. Die Finsternis, ein alter Vertrauter. Nur für diesen Augenblick. Vielleicht mochte Anna das Feingespür besitzen, dass sich ihre Begleitung ein Stück regte. Nicht viel, aber dadurch ausgezeichnet, dass Bewegungen in der Regel doch vermindert getätigt wurden, war es jetzt ein Umstand, den man durchaus wahrnehmen konnte.

Als die Leinwand sich zeigte, die Stadt um sie herum projizierte, stand Jean lediglich still an Ort und Stelle, den angewinkelten Arm mit ihrer Tasche gesenkt habend. Doch etwas in ihrer Mimik musste sich einfinden. Nicht das schwache Lächeln, nicht die stoische Ruhe. Die Augen. Es waren die Augen, die das schwarze Loch ein wenig größer werden ließen und so das Grünbraun drumherum verdrängten. Obwohl es hätte anders herum sein müssen?

Die Zeit über, in der sich die Szenerien zeigten, verharrte die Engländerin wie sie war, wenngleich man wohl davon ausgehen wollte, dass sie dabei die Aufmerksamkeit vollends auf die Leinwände verwendete. Und kein Krieg, kein Denkmal, kein Gebäude, keine Person vermochte etwas in ihr hervorrufen, dass Anna hätte sehen können. Selbst Wagner kitzelte keine Rhythmus, kein Gefühl heraus. Über die Zeit, die sie dort verweilten jedoch, hatten die weichgezeichneten Züge an Ausdruckskraft verloren, wo das Lächeln mehr und mehr in Vergessenheit geraten war. War es am Schluss gänzlich verebbt. Und ohne dieses Lächeln wirkte das Gesicht der Toreador ein Stück weit anders. Es war und blieb sie, keine Frage. Aber die Miene wirkte so härter und strenger, obwohl die Muskeln nicht dafür angespannt waren.

Und sie sah hin. Sah hin. Sie schaute. Bis zum letzten Moment, jener der wohl am spannensten hätte für einen Kainiten sein können. Den, den man erwartete. Sich gar vielleicht ersehnte. Doch wollte man gerade dort einen Einblick auf die Hüterin erhaschen, musste man feststellen, dass sie es nicht mitbekam. Ihre Lider waren gesenkt. Blieben es bis das Flackern der Projektion verriet, wie das Bild sich änderte und am Ende die Dunkelheit zurückgekehrt war. Dann neigte sie den Kopf ein wenig, um gleichzeitig die Augen wieder zu öffnen.

Stille.
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