Asisi Panometer [Jean]

[Anna-Lukardis von Egidy]

Dieses Schmunzeln da, das gab Anna wirklich zu denken. Es konnte alles bedeuten. Es konnte nichts bedeuten. Das Richtige herauszulesen, das fiel ihr noch schwer. Jean hatte es ja jetzt bemerkt? Dafür aber konnte die kleine Ventrue mit klaren Aussagen etwas anfangen und wirkte, wenn man es so sehen wollte, schon etwas erleichtert, als die Rose dann sprach. Das Gesagte, darüber dachte das dürre Wesen ein paar Augenblicke nach, vor allem darüber, was sie denn anders hätte interpretieren können. Vielleicht würde sie irgendwann ja noch auf die Antwort kommen, bis dahin hatte sie wenigstens etwas, worüber sie grübeln konnte. Auch gut.

„Darf ich Ihnen für das nächste Treffen das Völkerschlachtendenkmal vorschlagen?“

Anna sah zu der Tür, die zum Shop führte und lud Jean unnötigerweise dazu ein, ihr dorthin zu folgen, wobei die Einladung so subtil war, dass man sie höflich ignorieren konnte, wenn man wollte. Vielleicht aber war es ja doch ganz interessant zu sehen, womit sich Leipzig noch so identifizierte.

„Sofern Ihnen nicht etwas ganz anderes vorschwebt, natürlich.“

[Jean Carpenter]

Es war wie ganz automatisch, dass sich die Toreador ebenfalls in die Richtung des Shops begab, ob sie nun dabei die Einladung angenommen oder schlicht ignoriert hatte. Dafür aber hatte die kurze Erheiterung in Form des Schmunzelns auch schon wieder nachgelassen und dem leichten Lächeln seinen angestammten Platz zurückgegeben.

„Ganz und gar nicht. Das Völkerschlachtdenkmal ist eine ausgezeichnete Wahl.“ wenn man einen ironischen Unterton suchte, tat man dies vergebens. Tatsächlich schien sie es so zu meinen, auch wenn die Klangfarbe sich dafür nicht verändert haben wollte.

„Ich habe schon lange auf eine Möglichkeit gewartet, um es mir anzusehen. Und hier scheint es nahezu nahtlos zu passen.“ wenn sie die Tür erreicht hatten, löste sie die Rechte wieder von der Handtasche, sodass zumindest ein Arm frei war.

[Anna-Lukardis von Egidy]

Der Shop war nichts besonderes, darüber hinaus war er auch noch eher klein. Zwei Personen konnten sich unabhängig voneinander zwar bequem und ohne sich gegenseitig auf die Füsse zu treten umsehen, gesehen hatte man jedoch ziemlich schnell alles. Abgesehen von Leipziger Trödel, Postkarten, Kalendern und Informationen zum Panometer selbst konnte man sich auch noch nach belieben an einem Flyer-Ständer bedienen, der mit seinen Inhalten für andere Veranstaltungen, Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten warb.

Anna wirkte in dem Raum verloren. Nichts hier schien sie besonders zu interessieren, gleichzeitig überforderte sie die plötzliche Fülle etwas. Es gab zu viel zu sehen und zu wenig, das es wert war, gesehen zu werden. Also starrte sie Jean schon fast etwas hinter her oder diese eben an, wenn es sich ergab. Sicher nicht unhöflich direkt, aber eben schon stark fokussierend.

"Das freut mich sehr, ich habe das Denkmal nämlich auch noch nicht in natura gesehen."

Dass sie selbstverständlich die Hüterin über Termin und Uhrzeit entscheiden lassen würde, das erwähnte die kleine Ventrue schon gar nicht mehr, das hatte sich jetzt doch wirklich schon eingespielt.

[Jean Carpenter]

Auch die Engländerin machte weniger den Eindruck, als ob sie hier etwas fände, welches von Interesse wäre. Denn obgleich ihr Blick einmal umher gewandert war, hatte er nirgendwo gehalten oder ein Ziel anstreben lassen. So lenkte sich ihre Aufmerksamkeit seitlich zu Anna.

„Ich bin sicher, dass die Architektur überzeugen wird und dennoch...“ es war auch hier, dass sie sich schon mehr wie automatisch Richtung Ausgang begab, ohne dabei in Eile zu verfallen.

„...fürchte ich, wird es mich nicht so überzeugen, wie andere Bauten. Aber ich lasse mich überraschen.“ es klang ein wenig beiläufig an, so als sei die Thematik damit auch vorläufig beendet.

„Möchten Sie zu diesem heutigen Abend noch etwas beitragen?“

[Anna-Lukardis von Egidy]

Anna wandte sich ebenfalls dem Ausgang zu, wobei man hier an dieser Stelle feststellen konnte, dass man einmal um den Vorführungsraum herum im Kreis gegangen war. Sah man durch die Glastür des Shops hindurch, konnte man sogar den Menschen der kleinen Ventrue entdecken, der sich im Vorraum bereithielt. Wie ein Nutzgegenstand, nach dem man nur zu greifen brauchte.

Auch wenn sie natürlich kein Mann war, so nahm Anna eben doch kurz die Rolle eines Gentlemans ein, als sie Jean eben genau diese Tür aufmachte und dann auch aufhielt.

„Für heute habe ich nichts mehr angedacht, Frau Carpenter.“

Das Programm war abgespult, Anna hatte gezeigt, was sie zeigen wollte, hatte sich danach mit Jean die kleine Ausstellung angesehen und war jetzt vielleicht zufrieden mit sich oder auch nicht. Das wusste eben nur sie allein.

[Jean Carpenter]

Als sich die Ventrue dazu anschickte, die Tür zu öffnen, machte die Engländerin für den Moment nicht sofort Anstalten hindurchzugehen. Stattdessen bedachte sie die Züge Annas erneut, als müsste sie sich diese nochmal einprägen, oder als erwarte sie dort irgendetwas. Dann lächelte sie jedoch nur wieder, nickte im Ansatz und begab sich dann über die Schwelle in den glasigen Vorraum.
Der Mensch wurde ihrerseits nicht beachtet, dafür aber wandte sie sich nach einigen Schritten langsam zu der Deutschen um. Wenn letztere ebenfalls einen Standpunkt ausgewählt haben wollte, erhob Jean erneut das Wort.

„Dann danke ich Ihnen für diesen Einblick Frau von Egidy. Ich hatte seit langem nicht mehr die Möglichkeit einen Abend in der Form auszuschöpfen und gleichzeitig neugierig zu bleiben, was der nächste bringen mag.“ hier gab sie noch kurz die Möglichkeit, darauf einzugehen, wenn man es wollte, bevor sie sich dann zu dem Kleiderschrank drehte. Den Mantel zog sie eher beiläufig über, würde sich auch helfen lassen, und damit das Weiß mit dem Rot verdecken.

„Sie werden in den kommenden Nächten noch ein Schreiben von mir erhalten, darin teile ich Ihnen dann auch mit wann die Besichtigung des Denkmals gelegen wäre und hoffe, dass wir da einen gemeinsamen Termin finden können.“ nur ein nebensächlicher Einwurf, wenn man von ihrer Intonation ausgehen wollte.

[Anna-Lukardis von Egidy]

In Annas Gesicht gab es insgesamt leider nicht sehr viel mehr zu entdecken, als das, was man eben immer darin sah. Fahle, wenn auch reine Haut, Schatten unter den matten, braunen Augen, verkniffene Lippen, zu helle Augenbrauen. Dazu ein neutral bis kühler Ausdruck, der die Höflichkeit, die die kleine Ventrue in der Regel eigentlich zeigte, in keiner Weise so richtig unterstützte. Vieles lag nur an ihren Worten, ihrer Ausdrucksweise und ihrem Verhalten allein.

Trotzdem war da so etwas wie Freude, als Jean sich zu dem Abend äußerte. Ein kurzes Aufblitzen in den Augen, ein Zeichen, das die Anerkennung angekommen war und dass es Anna schon etwas bedeutete. Ein Lächeln konnte sie sich trotzdem nicht so richtig abringen, jedenfalls kein Hübsches, dafür hoben sich die Mundwinkel einfach viel zu verkrampft.

„Das ist sehr freundlich von Ihnen. Ich freue mich schon sehr darauf.“

Der Mensch tat, wozu er abgestellt war und half der Toreador in den Mantel, so, wie Mann das eben machte, ohne der Rose auch nur in geringster Weise zu nahe zu kommen, geschweige denn, mehr als nur den Mantel dabei zu berühren.

Anna selber würde wohl noch hierbleiben und sich noch um ein paar Dinge kümmern, bevor sie auch gehen konnte. Jemand musste den ganzen Laden hier ja auch abschließen oder eben abschließen lassen? Wobei sie natürlich eine Verabschiedung seitens der Toreador vorher noch abwartete.

[Jean Carpenter]

Jean bedachte die Ventrue mit einem – für diesen Abend – letztmaligen Blick, ehe sie Worte der Verabschiedung dazu einfließen ließ. Ihr Fokus dabei den ihrigen suchend, zielsicher und doch so, als würde die Intensität des Schauens nicht nachlassen wollen, lächelte sie nur schwach.

„Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend und freue mich auf unseren nächsten.“ sie harrte noch eine Erwiderung ab, um sich danach zur Tür zu wenden und das Gebäude zu verlassen. Die freie Hand zog sich dabei kurz am Kragen, schob den Pelz hervor und zeigte ihre Gestiken routiniert. Man konnte ihr noch ein Stück nachsehen, wie sie bei der nächsten Straßenlaterne hinter dem Lichtkegel beinahe verschluckt von Schatten auf einen Wagen zutrat. Letzterer wurde nur erkennbar, weil die Scheinwerfer ansprangen und das Fahrzeug sich schon seitlich an den Bürgersteig begab. Und dann war sie verschwunden.

[Anna-Lukardis von Egidy]

Die Toreador verließ den gläsernen Vorbau und Anna blieb mit ihrem Menschen zurück. Es gab noch ein paar Angelegenheiten zu koordinieren, bevor auch sie gehen konnte, wobei den Großteil davon doch eh Johannes übernehmen würde. Er fing sogar schon damit an, während die kleine Ventrue noch durch das Glas hindurch in die Richtung sah, in welche die Rose verschwunden war. Dass sie deren Verabschiedung noch höflich erwidert hatte, lag schon nach wenigen Momenten wie eine ewig zurück liegende Erinnerung in ihrem Geist. Schade, dass die wirklich angenehmen Abende immer viel zu schnell vorüber waren.