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Juni '14 - Verwandlung


Juni '14 - Verwandlung

Postby Peggy Seligman » 21 Jul 2014, 21:37

Eine junge Frau, in weiße Rohseide gehüllt, wird von zwei Männern in eine spärlich beleuchtete Halle geführt. Sie hat die Augen verbunden, mit einem schwarzen Tuch. Ihre Begleiter, verhüllt in weite burgunderfarbene Kutten, führen sie an einer schweigenden Menschenmasse vorbei, bis sie vor einem Thron, auf dem ein alter Mann sitzt, stehen bleiben. Dort lassen sie die Schöne alleine und gesellen sich zum Heer, der wortlos starrenden.
Stille.

Der Blick des alten Fürsten lastet leer auf dem zerbrechlichen Körper. Mit rauer Hand wischt er sich über die blutleeren Lippen, eher er aufsteht und langsam die Stufen seines Herrschaftssitz heruntertritt. Sofort eilen ihm aus der Masse an stillen Beobachtern fünf Begleiter zur Seite. Sie tragen, wie alle hier dunkle Kutten, aus burgunderfarbener rauer Baumwolle. Tief ins Gesicht gezogen. Es ist schwer zu erkennen, aber aufgrund ihrer Größe sind diese fünf vielleicht alle männlich. Der Alte steht jetzt vor dem Mädchen. Sie atmet nervös. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich unregelmäßig. Ihr Puls ist erhöht, das kleine zerbrechliche Herz rast schnell. Der Rest in dieser großen Halle aus altem Stein schaut still und starr. Die Säulen, die ein hohes Dach tragen schauen dem Schauspiel stoisch zu.
Seine Hand pirscht vor, berührt ihre warme Haut und obwohl sie mit der Berührung nicht gerechnet hat sagt sie nichts, weicht nicht zurück. Langsam, mit festem Druck, gleitet die Hand über ihre Wange, zu ihren Lippen, den Hals entlang. Berührt unsanft ihre Brust, den Bauch, die Hüfte.
Stille.

„Eine von uns!“ sagt er mit starker Stimme, stärker als man es den ausgezehrten Körper vielleicht zutrauen würde. Kerzen flackern. Und seine Stimme hallt im Raum: Eine von uns. Von uns. Uns .Die Kapuzenmänner die ihm zu Seite stehen reckten ihre Hände, berühren die Frau im weißen Kleid ebenfalls. Unsittlich. Und bestätigten unisono: „Eine von uns!“ Sie lassen von ihr ab.
Stille.

Unter der Kutte zieht der Fürst ein goldenes Anch hervor: Ein spitzes, gefährlich funkelndes T gekrönt von einer halben Schleife, um die sich seine knochige Hand krallt. Das rituelle Symbol der Camarilla wird in seiner Hand zu einer dolchartigen Waffe. Er sticht zu, durch das weiße Gewand, in den Bauch hinein. Die junge Frau stöhnt, taumelt, schreit. Fasst sich ungläubig an an die Wunde. Spürt wie das Leben aus ihr herausfließt. Das Kleid färbt sich rot. Sie schreit nicht um Hilfe, aber jammert, wie man jammert, wenn man großen Schmerz erleidet… und stellt sich dann, wieder gerade auf. So gerade wie sie eben kann. Sie flüchtet nicht. Sie flüchtet nicht, weil sie weiß, dass es sinnlos ist zu flüchten. Sie bringt ein freiwilliges Opfer. Ein Opfer nach dem sie sich sehnt.
Der Alte reicht den Anch weiter, während die Frau weiter ungläubig ihre Wunde betastet. Das Blut quillt im feinen Rinnsal ihr Bein entlang. Der nächste der fünf Begleiter macht sich zum Mittäter. Sticht in ihre Seite. Sie schreit erneut. Fängt an zu weinen. Betastet an die neue Wunde. Beißt sich auf die Unterlippe, schluchzt. Dann der nächste Stich, reihum, bis der letzte dran ist und sie unter der Last der Verletzungen, nicht länger stehen kann und in sich zusammensackt. Das weiße Kleid färbt sich langsam so rot wie die Kutten. Hustend liegt sie auf dem Boden. Und das letzte bisschen Leben wird aus ihr herausgepumpt. Langsam füllen sich die Fugen, der großen Steine um sie herum und transportieren ihr Blut bis in die dunkelste Ecke dieser unheiligen Kapelle.
Stille.

„Eine von uns!“ sagt einer der fünf Kuttenträger fordernd.
Der Alte dreht sich fort, um wieder auf seinem Thron Platz zu suchen. Es dauert. Dauert jeden einzelnen Schritt unglaublich lange und zäh. Die Frau, rührt sich nicht mehr. Ist tot. Und der Alte setzt sich und seufzt.
„Eine von uns!“ sagt derselbe Kuttenträger erneut. Es klingt dringlich.
„Eine von uns!“ bestätigt der Fürst gemächlich und untermalt seine Worte mit einer wegwischenden Handbewegung.
Und der Kuttenträger lässt seine Kutte fallen. Bekommt ein Gesicht.
„Edward – Einer von uns?“ fragt der Fürst nach einem weiteren zähen Augenblick und Edward antwortet schnell „Ja – ich bin bereit.“
Durch vier Hände wandert der rituelle Opferdolch, bis er schließlich bei Edward ist und Edward nutzt ihn um sich das schlanke Handgelenk zu öffnen. Tief ist der Schnitt und im vollen Schwall beginnt das Blut zu fließen. Er kniet sich vor die Tote und lässt sein Blut in ihren Mund laufen. Tropfen um Tropfen. Es dauert. Ein Raunen geht durch die gesichtslose Masse an Zuschauen. Es dauert zu lang. Eine Unruhe fegt durch die Halle und auch der Fürst reckt seinen Kopf, als wäre er ungeduldig. Es dauert viel zu lang.
Und Edward tropft noch immer, jeden Tropfen in ihren Mund. Als würde mehr hier helfen.
Sein verzweifelter Blick gleitet zum Fürst. Panik?
Dann, endlich, hustete die junge Frau im blutdurchtränkten Kleid aus Rohseide. Ihr Röcheln lässt das Raunen verstummen. Edward zieht dem immer noch steifen Körper der wiedergeborenen Toten die Augenbinde ab. Ihre grünen, dunklen Augen starren ihn sinnentleert an.
Stille.

Gierig greift sie nach seinem blutenden Handgelenk und saugt daran. Saugt daran fest.
Stolz klingt seine Stimme als er verkündet: „Eine von uns!“
Und die Halle erbebt unter dem Getöse in das all die andren gesichtslosen Kuttenträger einstimmten.
„Eine von uns! Eine von uns! Eine von uns!“
Die Verwandlung ist vollzogen.
Erfolgreich.
Die Familie um ein neues Mitglied reicher.
Endlich.
After all, we are nothing more or less than what we choose to reveal.
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Peggy Seligman
Neugeborener/Clan Ventrue
 
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