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März '14 - Menschlichkeit


März '14 - Menschlichkeit

Postby Quasim ibn Sabah al-Ghazi » 17 Jul 2014, 12:15

Alle Augen waren auf den kleinen Verschlag gerichtet, aus dem gedämpftes Licht schien – das einzige Licht in diesem Raum.
Alle Knie ruhten parallel zueinander auf den bereitgelegten Kissen aus dunkelrotem Samt.
Alle Ohren lauschten.

Ihre Gewänder raschelten leise, als die Gestalt mit majestätischer Würde den Verschlag verließ und sich hinter den grob gehauenen Steinblock stellte. Er war kaum zu sehen, doch er wusste trotzdem, wie er aussah. Jeder der Anwesenden kannte die Fresken. Von Horus und Amenophis. Von Isis und Apep. Und von ihrer aller Gott Sotech, wie er über ihnen thronte, die schwarzen Schwingen ausgebreitet, seinen verräterischen Bruder niederwerfend. Es herrschte gespenstische Stille, als die Gestalt die Arme ausbreitete. Fackeln fingen Feuer und warfen groteske Schatten an die Wand hinter der Priesterin. Ein süßlicher Duft breitete sich aus und erfüllte schon bald die Luft, während die Schatten sich bewegten.

Ah – die Offenbarung der Isis. Eine seiner Lieblingsgeschichten. Die Schatten bewegten sich schneller, eilten aufeinander zu, tanzten wieder voneinander weg. Für Uneingeweihte waren es willkürliche Bewegungen, aber nicht für ihn. Für sie, die sich hier versammelt hatten. Ein Gong wurde geschlagen und wie ein Mann bewegten die Oberkörper der Knienden sich nach vorne, auf dass die Gesichter auf dem Boden lagen und ihre Lippen die Flüssigkeit aus der vor ihren Knien verlaufenden Rinne im Boden lecken konnten.

Aaaaah, köstlich.

Pure Erregung durchpulste ihn, und als er nach drei Schlucken den Blick wieder hob, waren die Schatten viel schärfer geworden. Sie flackerten stärker, zerrten aneinander, verschwammen mit dem Hintergrund. Es wurde alles dumpfer. Dann plötzlich unglaublich scharf. Er spürte die aufwallende Begierde, diese lästige Haut abzustreifen und geradewegs gen Himmelsbarke zu steigen. Er stieß ein unterdrücktes Keuchen aus und fühlte, wie er sich mehr und mehr verlor. Den anderen ging es genauso. Sie wälzten sich auf dem Boden, hatten die einstudierte, demütige Haltung aufgegeben und fielen übereinander her, manche in wilder Wollust, andere in namenlosem Zorn. Blut spritzte ihm aufs Gesicht und lief langsam warm über seine Brust. Verdreht und entrückt war der zerschmetterte Körper zu seinen Füßen, dessen Kopf in eine der Rinnen gerollt war und ihn von dort anstarrte. Nicht anklagend, nicht ein Mal überrascht. Beinahe … glücklich.

Er konnte nicht anders, er wand sich um und stürzte sich auf den nächsten.
Mit jedem Schrei ein Stückchen weniger ...

… Menschlichkeit
Quasim ibn Sabah al-Ghazi
Neugeborener/Clan der Jünger des Seth
 
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