Keep your friends close... [Quasim]

[Cornelius]

Der Neujahresempfang lag bereits einige Nächte zurück, da würde der Setit in seinem Postfach ein Briefkuvert finden, dessen Absender vielleicht etwas unverhofft erscheinen mochte... oder eben auch nicht? Schlichtes Papier, beschriftet von einem Lasedrucker, die Unterschrift in einer zierlichen Handschrift signiert. Der Inhalt las sich wie folgt:

Werter Quasim ibn Sabah al-Gahzi
Neugeborener vom Clan der Jünger des Set,

die jüngste Konfliktsituation zwischen Mitgliedern der Verborgenen zu Leipzig und Ihrer Person hat tiefe Schatten auf unsere gegenseitigen Beziehungen geworfen. Schatten, die unter den gegebenen Umständen für keine von beiden Seiten von Vorteil sind. Im Rahmen einer Rekapitulation des vorgefallenen Sachverhaltes biete ich Ihnen ein Gespräch zur Schlichtung der entstandenen Differenzen an.

Es würde mich freuen, Sie zu diesem Zwecke am kommenden Samstag zur dreiundzwanzigsten Stunde im Pleißenburger Elysium empfangen zu dürfen. Sollten Sie eine Entscheidung entgegen meines Angebotes fällen, lassen Sie es mich wissen.

Ich verbleibe achtungsvoll,

Cornelius,
Neugeboren im Clan der Verborgenen

Alea iacta est. Was nun geschen sollte, bliebe allein in der Hand des Empfängers.

[Quasim ibn Sabah al-Ghazi]

Es dauerte drei Tage, bis der Nosferatu in seinem Postfach das Antwortschreiben fand. Er war handschriftlich in schwarzer Tinte verfasst. Die Schrift besaß eine kunstvoll geschwungene Form, die bei aller Eleganz und Verspieltheit auch eine gewisse Energie auszudrücken vermochte.

Werter Cornelius,
Neugeborener der Nosferatu,

Ihr Eindruck, es lägen Differenzen zwischen Ihrer und meiner Person vor, iritiert mich. Gerne können wir dieses Missverständnis zum vorgeschlagenen Zeitpunkt auszuräumen versuchen.

Freundlichst

Quasim ibn Sabah al Ghazi

[Cornelius]

Gegebener Tag, gegebene Stunde. Die unmenschlich wirkende Gestalt stand still vor einem der alten Gemälde, die so zahlreich im Elysium Pleißenburg hingen. Ein Bild von einer Gerichtsverhandlung, ein bestimmt wirkender Richter, ein zerstört wirkender Angeklagter. Eine jubelnde Menge. Nun... je nachdem wie viel Leben man in diese alte Darstellung interpretieren möchte.

Alles was von ihm zu sehen war schien verlassen von jeglichem Leben. Ein hässliches Etwas, kahler Kopf, schuppige Haut mit Brandnarben, eine leerer Blick der aus den weißen eitrig-gelben Augen auf die Ölmalerei starrte. Die Hände hinter dem Rücken ineinander greifend, die Haltung leicht geknickt... so versank der Kopf ein wenig zwischen den Schultern. Nur seine Kleidung... das schwarze Sakko, die ebenso schwarze Stoffhose, die fahlen Herrenschuhe... zeichneten ihn als sowas wie einen Menschen aus.

Sekunden die vergingen.... Minunten... Stunden? Der Nosferatu wartete geduldig... wenn es denn ein 'Warten' war.

[Quasim ibn Sabah al-Ghazi]

Die Eingangstür öffnete sich und der Schemen eines Mannes in einem schwarzen Anzug wurde sichtbar. Schlicht, wenn das Wort im Zusammenhang mit einem Anzug überhaupt Sinn machte. Hier und da glänzte es, insbesondere die silberne Figur, die den Knauf des schwarzen, eleganten Spazierstocks darstellte, deren genaue Form und Gestalt von der Hand verborgen wurde. Die Tür schloss sich wieder, als die Gestalt eingetreten war. Die Augen des Fremden waren hinter einer Sonnenbrille verborgen, in deren Oberfläche man sich unverzerrt selbst betrachten konnte. Nach einer kurzen Pause, ob sie der Orientierung diente oder dem Aufbau einer dramaturgischen Aufladung, setzte der Körper sich in Bewegung, geradewegs auf den Nosferatu zu. Es schien sonst niemand anwesend zu sein, und so begann der Setit bereits bevor er den Höflichkeitsabstand erreicht hatte: „Einen guten Abend wünsche ich“ Die Stimme war sonor und voll, als er sich weiter näherte und dann in eineinhalb Metern Abstand stehen blieb - eigentlich zu voll für jemanden mit so wenig Bartwuchs. Man würde eher einen Pavarotti erwarten.

[Cornelius]

Der Nosferatu wand sich mit dem Herantreten des Setiten zu diesem herum. Langsam und bedächtig, möchte man sagen. Die unmenschlich wirkenden Augen in ihren tiefen dunklen Höhlen starrten den Gegenüber aufmerksam an. Drückten fast ein wenig.... nicht direkt unhöflich... aber einfach nur ob seiner Natur unangenehm vielleicht. Abgesehen davon konnte sich die Schlange aber zumindest seiner vollen Aufmerksamkeit sicher sein.

"Der sei auch Ihnen gewünscht."

Im Gegensatz zu dem Mann mit dem Gehstock wirkte Cornelius Stimmorgan geradezu zierlich. Sanft, leicht heiser und gerade laut genug um deutlich verstanden werden zu können. Sicherlich männlich, aber in ihrer Zurückhaltung doch alles andere als dominant. Man müsste sich unweigerlich fragen, wie es der Verborgene überhaupt bewältigt, sich Kraft seiner Stimme Gehör zu verschaffen. Langsam senkte sich das Haupt des Verborgenen, die rechte Hand legte er dabei auf die Brust.

"Cornelius, Neugeborener der Verborgenen. Ich danke Ihnen für Ihr Kommen."

Nachdem der den Kopf wieder gehoben hatte, verwies er mit der anderen Hand auf die nahe Sitzgruppe... ein kleiner Marmortisch, zwei Stühle, eine gepolsterte Sitzbank, das alles vor einem hohen rustikalen Regal mit allerlei klassischer Literatur.

"Bitte. Lassen Sie uns doch Platz nehmen."

[Quasim ibn Sabah al-Ghazi]

„Quasim ibn Sabah al-Ghazi, neugeboren im Schatten Seths“, kam es dem Mann im schwarzen Anzug flüssig über die Lippen, als er das Neigen des Kopfes erwiderte. Man könnte meinen, in genau dem selben Ausmaß wie der Verborgene es vorgemacht hatte.

Als der Nosferatu zur Sitzecke wies kam erneut Regung in den hochgewachsenen Körper des Setiten. Aufmerksame Beobachter konnten feststellen, dass sein Gang nicht wie der eines normalen Menschen war. Er schlich förmlich über den Boden. Es wirkte als wolle er verhindern, dass auch nur das kleinste Geräusch von seinen Schritten erzeugt wurde, aber es wirkte nicht so, als müsse er sich darauf konzentrieren. Eher als wäre es ein Reflex, aus einem Naturell geboren, oder aus einer Konditionierung? Was ein aufmerksamer Beobachter ebenfalls wahrnehmen konnte war, dass seine Füße bei den Schritten nicht auseinanderdrifteten, sondern exakte Parallelen zueinander bildeten. Würde er hier Fußspuren hinterlassen, wären sie schnurgerade.

In einer etwas umständlichen Geste ließ der Setit sich schließlich auf der gepolsterten Sitzbank nieder und legte den Spazierstock auf seine Beine, sodass seine schlanke Gestalt eine Senkrechte zu den Beinen bildete. Die Hände des Setiten legten sich auf das kühle Marmor des Tisches und seine Haltung wirkte etwas steif. Dennoch war sein Blick aufmerksam auf das hässliche Gesicht des Nosferatu gerichtet.

„Möchten Sie mir vielleicht erklären, wie Sie zu der Auffassung kamen, dass wir Feinde wären, Cornelius?“ Die gewohnte volle Stimme, die so sehr im Kontrast zur brüchigen, leichten Stimme des Nosferatu stand, die im Vergleich eher einem Flüstern glich, wallte über das Marmor des Tisches zum Verborgenen herüber wie ein aufziehendes Gewitter.

[Cornelius]

Hier mochte man Parallelen ziehen können zu den Bewegungen des Setiten - auch Cornelius schien geradezu über den Boden zu gleiten, wenn auch seine Schritte deutlich sichtbar waren - sie gaben keinen Laut von sich. Flüssig auch die Bewegungsabläufe, wenn auch sehr gemächlich... ein wenig wirkte es als Bewege sich der Verborgene in seinem ganz eigenen Verständnis von Zeit und Raum.

"Feinde? Oh, keineswegs, Herr Quasim."

Dabei hielt er kurz inne und wo er eben den Blick kurz auf die Sitzgelegenheiten geworfen hatte, blickte er die Schlange unmittelbar direkt an. Ein wenig überrascht klang er dabei. Dann würde er sich gegenüber von Quasim in seiner Sitzgelegenheit niederlassen.

"Ich beabsichtigte mit meiner Begründung nicht, ein solch... überspitztes Bild der Situation zu erzeugen. Wenn ich es getan habe, so muss ich mich dafür entschuldigen."

Nun hatte er es sich letztendlich auch 'gemütlich' gemacht. Die Hände legte er flach auf den Lehnen des gepolsterten Stuhls ab. Und auch wenn seine Haltung an und für sich gerade... ja fast ein wenig steif wirkte... so konnte man doch kaum von einem aufrechten Rückgrat sprechen. Sein Kopf fiel ein wenig zwischen seine Schultern, sein Rücken formte einen leichten Buckel. So wirkte er allgemein ein wenig geknickt beim 'gerade' sitzen.

"Wovon ich sprach, waren Schatten, die ich über unserer potentiellen Beziehung zueinander sehe."

Erneut pausierte er einen Moment.

"Das Vermächtnis der Verborgenen, die Ihnen als Nojus und Griehv bekannt sind, beinhaltete diverse Informationen zu Vorfällen, die einen weiteren geschäftlichen Austausch mit Ihnen kategorisch ausschlossen. Nun, jedenfalls in den Augen eben dieser besagten Nosferatu."

Er blickte zu Boden ein wenig starr. Vielleicht hätte das alles viel schicksalsschwangerer klingen sollen als es letztendlich tat - doch der Nosferatu schien kein Mann von unnötigen Betonungen oder rhetorischen Spielereien zu sein. Dann blickte er unmittelbar wieder zu Quasim auf.

"Doch wie wir Beide wissen sind diese nicht länger Teil der Domäne Leipzig. Und ich bin nicht hier um alte Vorwürfe oder Diskussionsherde aufzuwärmen."

Der Anflug eines 'freundlichen Lächelns'... oder sowas in der Art... formte sich auf den spröden Lippen des Ungesichtes.

"Vielmehr interessiert mich darum Ihre Haltung zu einer... Neuaufnahme von geschäftlichen Beziehungen zwischen Ihnen und dem Clan Nosferatu."

[Quasim ibn Sabah al-Ghazi]

Die Stirn des Setiten legten sich in Falten, als er antwortete. „Über die Gründe des Herrn Nojus, von weiteren Geschäften mit mir abzusehen, kann ich nichts sagen, denn wir haben nie ein Gespräch miteinander geführt und ehrlich gesagt war mir seine Ablehnung bis gerade eben nicht bekannt.“ Nur ein flüchtiger Augenblick, dann verschwand die Regung wieder aus dem Gesicht und zurück blieb mokkafarbene, glatte Haut. Er sagte das mit der üblichen vollen Stimme, allerdings auf eine Art und Weise, die äquivalent zu einem Schulterzucken war. So als wäre es ihm völlig egal, was Nojus von ihm hielt.

„Was Herrn Griehv angeht, teile ich Ihre Auffassung, dass über das Thema fast nichts mehr gesagt werden muss“, postulierte er, während er mit völlig ausdruckslosem Gesicht langsam den Zeigefinger der rechten Hand hob. „Fast nichts, bis auf eine Kleinigkeit.“ Die Schlange ließ die Hand wieder sinken, als hätte sie sich gar nicht bewegt, und beugte sich ein klein wenig vor, sodass Kopf und Hals des Jüngers sich im Marmor spiegelten. „Die Zukunft unserer geschäftlichen Beziehung hängt entscheidend davon ab, wie Sie, mein werter Cornelius, das Verhalten von Herrn Griehv gegenüber dem Clan Toreador und meiner Person bewerten. Distanzieren Sie sich von Ihrem Clansbruder, sehe ich keine Probleme. Andernfalls verschwenden wir hier nur unserer Zeit.“ Der Setit erlaubte sich, ein Lächeln über seine Züge huschen zu lassen, bevor es wieder zu einer ausdruckslosen Maske wurde. Dabei legte er die Hände auf dem Marmortisch zusammen, sodass die Fingerspitzen einander berührten.

[Cornelius]

Cornelius's Lächeln verschwand so schnell wieder, wie es entstand. Jedoch nickte sachte auf die Ausführungen der Schlange hin sachte. Er nahm sich Zeit zu antworten, und nichts an diesem Gespräch schien in in irgendeine Hast zu setzen.

"Griehv hat mit seinem Verhalten einen schweren Fehler begangen und musste dafür Rechenschaft ablegen. Ich bin mir darüber bewusst, dass es ohne seine indisktuablen Praktiken nicht zu solchen... Diskrepanzen kommen hätte müssen. Weder mit Ihnen noch mit dem Clan Toreador. Demnach heiße ich sein Verhalten weder gut, noch würde ich es selbst dulden."

Nüchtern klang er, aber ehrlich. Vielmehr konnte man kaum von dem Verborgenen ablesen, ob und wieviel emotionale Verbindung er zu seinen Clansbrüdern hatte... wenn er denn welche hatte.

"Ich hoffe, dass das Ihren Anforderungen an meine Distanzierung gerecht wird."

Letzteres hatte einen abschließenden Charakter, der nur eine Antwort erwartete.

[Quasim ibn Sabah al-Ghazi]

Etwas an seiner Haltung änderte sich nun. Es war nur schwer an einzelnen Details festzumachen, sondern eher ein Gesamteindruck. Vielleicht eine weniger steife Haltung? Ein weniger bohrender Blick? Eine weniger glatte Maske? Vielleicht war sein Oberkörper dem Nosferatu nun einen Hauch näher zugeneigt? Es war ein Puzzle, das aus vielen Teilen bestand und das letzendlich einen offeneren, aufgeschlosseneren Jünger des Seth präsentierte. „Hervorragend“, war alles, was er sagte. Er öffnete dabei die Hände in einer weitreichenden Geste, die die gesamte Eingangshalle des Elysiums einfassen könnte, nur um die Hände dann unendlich langsam wieder zusammen zu führen. „Dann sehe ich nichts, was einer geschäftlichen Beziehung im Weg stünde. Ich gehe davon aus, dass Sie dabei an etwas Konkretes gedacht haben“, behauptete er, den aufmerksamen Blick auf das Gesicht des Nosferatu gerichtet, ein höfliches Lächeln auf den Lippen. Wie ausgewechselt.

Alles nur Show?