Die üblichen Nebenprodukte der Menschheit, nahmen um ein Vielfaches zu und intensivierten sich, je weiter sich das merkwürdige Duo durch die dicht an dicht stehenden, Nachtschwärmer, ins Innere des dröhnenden Gebäudes vorarbeitete. Da roch es scharf nach Spirituosen, gemischt mit süßlichen, beinahe chemischen Düften, dazu der allgemeine Biernebel, der sich mit dem leicht abgestandenen Geruch von Zigaretten und dem herben Gemisch von stickigem Schweiß und Parfüms verschiedener Noten, zu einem unnachgiebigem warm-feuchten Miasma an Eindrücken vereinte. Da kam auch die rasselnde Ventilation nicht hinterher, deren träges Arbeiten, ohnehin im allgemeinen Lärm und den dröhnenden Bässen unterging. Trügerisches Licht das sich entweder matt gelb, aggressiv rot oder giftig grün durch die Finsternis kämpfte, verlieh der Szenerie eine bedrohlich-chaotische Atmosphäre.
Die ohnehin nur sporadisch kontrollierende Security am Eingang, bestehend aus zwei breitschultrigen Alt-Metallern mit beginnendem Haarsausfall und drei-Tage-Bart, schenkte den beiden ungleichen Szene-Gängern kaum Beachtung. Dafür ernteten Leopold und Sidonie, vom Rest der nachtschwarzen Versammlung, immer wieder leicht verwunderte, dann wieder belustigte Blicke oder ein verständnisloses Kopfschütteln. Ihr Outfit war vielleicht ein Stück weit daneben, seines passte irgendwie überhaupt nicht und dann war da natürlich noch der offensichtliche Altersunterschied, der die beiden trennte. Sidonie lässt die neugierigen Blicke völlig an sich abprallen; zieht Leopold mit drückenden, quetschenden und sich den Weg freischaufelnden Bewegungen hinter sich her, quer durch die lachende, schreiende, sich zuprostende, rauchig-qualmende, dampfende Menge bis vor an die Theke. Dort angekommen, zieht sie den gerade mit dem Rücken zu ihr stehenden Barkeeper, einen rote Kontaktlinsen tragenden Goth, am Ärmel und brüllt ihm, über den Lärm der Menge und den hart pochenden Schlägen der Base-drum hinweg, offenbar eine Bestellung zu. Anschließend wendet sie sich mit einem zufriedenen Grinsen, kurz einen Blick in die bebende Menge werfend, wieder Leopold zu. Ob der Lautstärke, neigt sie ihren Kopf nah an sein Ohr und muss dennoch recht laut sprechen damit er sie überhaupt verstehen kann. Ihr Atem riecht nach irgendetwas süßem, möglicherweise Kaugummi.
„Ich nehm nen Zombie. Vielleicht ein bisschen too much für den Anfang aber was solls. Was willst du? Oder soll ich dir was bestellen? Bier oder Cocktail? Ah, ich mach das schon. Surprise.“ Ein kurzes, vorfreudiges Kichern.
Mit einer erneuten Handbewegung winkt sie den Kellner erneut zu sich und brüllt ihm den Kopf seitlich geneigt, die Bestellung für Leopold ins Ohr. Dieser nickt bestätigend und wendet sich den aufgereihten Alkoholflaschen zu, die hinter ihm auf einer verspiegelten Wand, fein säuberlich sortiert, ihrer Bestimmung harren. Sidonie lehnt sich, die Arme auf die Theke stützend und einen Aschenbecher zur Seite schiebend, erneut zu Leopold.
„Was meinst du ob ich wen kenne? Kann gut sein das wir heut irgendwem begegnen den ich kenn - klar, ist durchaus möglich. Oder was meinst du?“ fragt sie, den Kopf anschließend leicht zum Takt der Musik wippend, nach. Der Sound scheint es ihr angetan zu haben.