Ich suche nicht nur mit den Augen, auch meine Finger wandern über die teilweise abgegriffenen Buchrücken in den Regalen, so als ob ich durch das ertasten eindringlicher, gründlicher fündig werden könnte. Dabei...suche ich nichts bestimmtes. Kein Titel, kein Autor, keine Jahreszahl, kein Verlag schwebt in mir. Ich suche nach etwas, das mich anspringt...ein Buch dessen Rücken, Farbe, Buchstaben, Worte...dessen eben auf so kleinem Raum angebrachten Informationen mich ansprechen, das ich es aus der Umklammerung seiner Mitbücher heraus ziehen und haben, lesen mag.
Der Laden ist klein, voll und riecht nach Papier, nach Staub und nach abgestandenen Gedanken. Nur einpaar Personen sind hier noch außer mir anwesend. Einpaar Studenten oder solche die es sein könnten und der Besitzer. Gerade geht einer der möglichen Studenten zu ihm, legt einpaar Scheine auf den Tisch, steckt sich das Buch ein und verlässt die Buchhandlung. Fündig. Ich...bin geduldig und suche weiter. Stehe da in meiner Jeans und Jacke, beide Teile abgegriffen, geflickt und mit verschiedenen Aufnähern bestückt. Drunter ein einfaches Top und schwere Bikerboots. Alles schwarz, wie immer. Es zieht mich noch immer nicht nach Farben. Noch immer sind sie mir fern...meine Berge, die zum Frühling so bunt leuchten...meine Menschen die in Sehnsucht nach Leben glühen...das helle Licht auf dem blauen Meer...Möwen, Gras und Stunden voller warmer Küsse.
Ich...bin Ashina...ich bin das was Übrig ist von dem Erbe der Janitscharen. Ich trage noch in mir die Reste Tengris und war doch noch nie auf dem heiligen Altai und habe doch noch nie die Worte der Ahnen in der Jurte gehört...doch ich kenne den Wolf, der mich nahm und aufzog und ich kenne seine grausame Fratze und weiß, das auch Gutes daran ist, das er in mir endet. Für immer. Und doch...suche ich und denke in diesem Raum voller Worte erneut an ihn.