by Candace Reed Harper » 09 Jul 2015, 17:19
Das Leben ging weiter. Ob sie nun an dieser Veranstaltung teilnahm oder nicht, das Leben ging weiter. Es war sicherlich kein Verlust, wenn sie sich aus dem Staub machte, sobald sich die Gelegenheit bot. Natürlich nicht ohne sich beim Hinausgehen höflich zu entschuldigen, weil sich das schließlich so gehörte. Oh ja. Diese Idee hörte sich ganz fantastisch an. Honky-Tonks, das, was Städter unter Moonshine verstanden, und gestrandete Countryboys, die nur darauf warteten mit ihren Händen wieder irgendetwas Sinnvolles anfangen zu können? Das Leben wartete irgendwo draußen vor der Tür. Und ihr Blick driftete gen Ausgang, während ihr Grinsen schräg wurde und ihren Gedanken ohne Scheu nach außen trug. Es störte sie offensichtlich kein bisschen, dass all jene, die ihr einen Seitenblick zuwarfen sehen konnten, was in ihrem Kopf vorging. Sie machte sich jedenfalls nicht die Mühe ihre Meinung bezüglich der aktuellen Entwicklungen zu kaschieren, sondern stand weiterhin vollkommen entspannt in der Menge. Ein Teil von ihr, der keiner sein wollte …
Weitere Reden wurden gehalten und Romeo und Julia fand eine Art weitere Neuinszenierung, wenngleich auch diese Version dem Mädchen aus den Südstaaten nicht mehr als ein träges Lächeln entlocken konnte. Ein Zucken der Mundwinkel, als Albert Oppenheimer seinen theatralischen Vortrag hielt, bei dem sie tatsächlich die verschränkten Arme vor der Brust löste und am Ende unvermittelt einige Worte einwarf. Getränkt von dem unverkennbaren Südstaatenakzent. „Wer mit der steten Angst vor dem Tod lebt, Hun', der hat nie richtig gelebt.“ Schüchtern war sie nicht und um das zu beweisen hätte es sicherlich das abschließende Zwinkern nicht gebraucht, aber sie ließ es dem Redner dennoch zukommen. Dass einige der Gäste oder vielleicht sogar die Gastgeber ihr eher lässiges Verhalten mit anderen Augen sehen konnten, kümmerte sie ebenfalls wenig. Warum hätte es das auch sollen? Das, was sie vor ihren Augen abspielte war immerhin etwas, das man nicht unkommentiert lassen konnte. Keine Provokation, aber ein Versuch mit dem Feuer zu spielen. Und warum sollte sie nicht etwas Diesel hinzugeben? Einfach so, weil ihr danach war.
Dass ein Lachen sich seinen Weg über ihre Lippen suchte, als kurz darauf das Glas auf dem Boden zersplitterte, war bei dem Funkeln in ihren Augen mehr als zu erwarten gewesen. Kein Zweifel, dieses kleine Schauspiel zwischen der Blondine und dem Brillenträger amüsierte sie. Erstens, weil es schlichtweg nicht ihr Bier war. Und Zweitens, weil eine derartige Szene im Süden keine Seltenheit war. Das sich Umschleichen, das einander Jagen und das offene Ende. Eine blutige Nase, die Zeit deines Lebens oder doch das Happy End? Whatever.
Und vergessen war der Mann, denn sie soeben noch Hun' genannt hatte, wie all die Anderen, die denen diese Ehre alltäglich zuteilwurde, sowie das Drama. Ihre grauen Augen hatten die Szenerie im Blick. All die kleinen Details, die sich jenseits der großen Bühne und der Kunst abspielten. Als suchte sie nach einem verdammt guten Grund, um nicht einfach durch die Tür zu verschwinden? Zumindest fand sie einen Grund, der sie einen weiteren Moment an Ort und Stelle verweilen ließ. An seiner Seite, an die sie sich kurz darauf spielerisch lehnte. Auf einem Fuß launisch zu ihm fallend, während der andere das Gleichgewicht hielt, legte sie ihm ihren Kopf auf die Schulter, um ihm dann durch ihre Wimpern einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Nur noch einen Moment, eine Sekunde oder gar Millisekunde – Und sie würde genau das tun, was ihr da gerade so bei seinem Anblick in Gedanken vorschwebte. Irgendetwas Unberechenbares … Oder eben doch freiwillig der Ausgang?
She's a product of being raised in the country.
She knows her roots & works hard for her money.
A Southern drawl & dark tan legs.
Ain't nothin' like a woman Southern born & bred.
(G.R.I.T.S. - Brantley Gilbert)