Stille.
Dunkelheit.
Als er seine Augen wieder öffnete, war beides verschwunden. Er sah vor sich das Tor, wie es sich gerade öffnete, um ihm Eintritt in die Arena zu gewähren und hörte die Stimmen der Zuschauer. Was sie sagten, hörte er nicht, er hörte nur ihre Erregung oder das Fehlen einer solchen in ihnen.
Es war Zeit, er erhob sich aus seiner sitzenden Position und nahm je eines der Falcata in eine Hand, ließ jedoch die Spitzen der Klingen auf den Boden gerichtet. Mit langsamen Schritten bewegte er sich, sobald das Tor vollends geöffnet war, mit leicht zur Seite geneigten Kopf zur Mitte der Sandfläche. Er sah seinen Gegner, die langen Haare Wie störend die sein können und das Schwert in der Hand seines Kontrahenten.
Dann hoffen wir mal, dass er besser als der Letzte ist.
Er sah kurz in die braunen Augen seines Gegenübers, versuchte jedoch gar nicht erst, etwas in ihnen zu lesen, es interessierte ihn schlicht nicht, was er fühlte, sei es nun Furcht oder Freude auf das Kommende. Alles war möglich. Was in den seinen zu sehen war, war für alle, die davor nicht ihren Blick senkten offen zu sehen. Interesse, Vorfreude und ein gewisses Maß an Erregung. Da war noch etwas, das sich im Hintergund hielt, war es vielleicht ein wenig Gier?
Als das Signal des Kampfbeginns ertönte, verweilte er wie sein Gegenüber regungslos, sie besahen sich beide, studierten einander. Dann, scheinbar ansatzlos, deckte Munir Andrej mit einigen schnellen, mit Kraft geführten Hieben ein. Dieser schien diese jedoch vorausgeahnt zu haben, denn es gelang ihm, jeden davon zu parieren, auch wenn er unter der Kraft, die hinter den Schlägen steckte, einen Schritt zurückwich.
Andrej wartete an der Wand gelehnt mit gesenktem Kopf und vor der Brust verschränkten Armen, bis sich das Tor zur Arena langsam öffnete. Erst, als es beinahe hochgefahren war, ergriff er das Langschwert mit einer Hand und ging langsam durch den Bogen hinaus in den Sand der Arena. Die Zuschauer ignorierte er. Er betrachtete nur seinen Gegner. Das würde sicher interessanter werden, als der letzte Kampf.
Die Gier in den Augen seines Gegners war Andrej sofort aufgefallen. Wobei sich in seinen Augen bisher nur Langeweile spiegelte. Nichts hatte bisher darauf hingedeutet, dass der Langhaarige den Kampf genoss, oder sich sonderlich anstrengte. Er parierte die Schläge und wich immer wieder ein Stück zurück, beinahe mochte es so aussehen, als trieb sein Gegner ihn vor sich her.
Die Klingen kreuzten sich schneller, als das Auge der Meisten Zuschauer wohl folgen konnte. Trotz das er nur eine Klinge hatte schien er die beiden Klingen seines Kontrahenten quasi vorherzusehen und immer dann einen Schritt zur Seite zu machen, oder seine Klinge zwischen sich und ihn zu bringen, wenn Munir dabei war einen Treffer zu landen.
Beinahe mochte es anmuten, als wäre es ein grotesker Tanz den die Beiden im Sandboden der Arena durchführten.
Ein scharfes Klirren erklang, als Andej mit der Klinge einen gekreuzten Hieb beider Falcata, seines Gegners parierte. Dem Druck den Munir auf seine Klinge ausübte schien Andrej wiederum entgegenhalten zu können. So standen die Beiden Männer sich für einige Augenblicke in stillem Kräftemessen gegenüber. Auf Andrejs Gesicht breitete sich ein leichtes Lächeln aus. Vielleicht ein Ausdruck der Freude?A
Immerhin ist er besser als der Letzte. Als sich ihre Schwerter trafen, hielt er wie sein Gegenüber in der Pose inne. Als er den Kopf leicht schief legte, funkelte es in seinen dunklen Augen.
Interessant. Wie er wohl auf ein erhöhtes Tempo reagiert? Und ein wenig mehr Gewalt?
Munir deutete ein kleines Nicken an, das wohl nur für seinen Kontrahenten bestimmt war. Dann trat er einen Schritt zurück, danach noch einen. Die Klingen hatte er wieder zur Hälfte gesenkt, ihre Spitzen zeigten nun auf die Füße Andrejs. So verharrte er einen Moment, wartete auf eine Reaktion. Als diese ausblieb und er weiterhin stillstand, kam wieder Bewegung in Munirs Körper. Wieder deckte er sein Gegenüber mit einem Hagel von Hieben ein, wieder parierte sein Gegenüber diese oder wich ihnen aus, wenn es nicht anders ging.
Als sich Andrej unter einem der schnellen Schläge duckte, die Rechte mit dem Langschwert von seinem Körper abgewinkelt parierte gerade das andere Falcata, riss Munir sein Knie hoch, gegen die Brust des Langhaarigen. Er hörte ein leises Knacken. Als er langsam einen Schritt zurücktrat, schnellte sein Gegner aus seiner vorgebeugten Position hoch und ließ seine eigene Waffe die Luft vor ihm schneiden, die Spitze der Klinge zielte auf den Hals Munirs. Dieser duckte sich, offenbar zu langsam, sodass er eine kleine Wunde an der Wange davontrug. Ein leichtes Grinsen verzerrte seine Lippen ein wenig.
Die kurze Pause unterbrach Andrej mit einem beidhändig geführten Hieb, der, von oben kommend, wieder auf den Hals des anderen Kainiten zielte. Munir drehte sich leicht zur Seite und parierte mit beiden Schwertern. Eine Klinge traf das Schwert knapp unterhalb der Spitze, es ließ den Stahl singen. Sein zweites Falcata unterbrach das Geräusch jedoch, als es die rechte Hand Andrejs traf und durch diese schnitt. Der ausgeübte Druck reichte, ihm das Schwert aus der Hand zu prellen, es flog etwa einen Meter durch die Luft, bevor es im Sand landete. Auch Munir ließ das Falcata los, versuchte nicht einmal, es aus dem Fleisch zu ziehen. Fast zeitgleich hatte Andrej seine linke Hand von dem Griff des Langschwertes gelöst und versuchte, sie geballt in den Kehlkopf seines Gegners zu stoßen. Durch die leichte Drehung verfehlte er jedoch leicht und traf nur die Schulter Munirs. Die Kraft, die hinter dem Schlag lag, ließ sich als Zuschauer nur vermuten, Munir jedoch steckte den Schlag ohne weiteres weg. Seine einzige Reaktion war ein leichtes Zurückziehen der Schulter, als die Faust diese traf.
So stand er nun vor Andrej, bewaffnet gegen einen Entwaffneten. Mit der Hand, die noch ein Falcata trug, deutete er auf das Langschwert, ließ sein Gegenüber dabei jedoch nicht aus den Augen. Dann trat er einen Schritt zurück und wartete. Würde er der Aufforderung, die Waffe wieder aufzunehmen nachkommen?
Auf Andrejs Gesicht zeichnete sich immer noch ein leichtes Lächeln ab. Vielleicht genoss der Langhaarige den Kampf, obwohl dieser bisher etwas ereignislos abgelaufen war. Noch einige Momente stand er Munir gegenüber, schweigend, bevor er sich umdrehte und langsam zum Langschwert hinüber ging. Er drehte seinem Kontrahenten dabei tatsächlich den Rücken zu. Scheinbar vertraute er darauf, dass Munir dies genau wie er, für eine Ehrensache hielt und ihm nicht in den Rücken schlagen würde.
Während er die Klinge mit der linken Hand aufhob wuchs die Rechte wieder nach. Zweimal ballte er sie zur Faust, vielleicht, um die Funktion zu testen, dann beschrieb das Schwert in der linken mehrere Kreise, bevor es fest gepackt wurde. Andrej fixierte Munir wieder und in seinem Gesicht spiegelte sich unverhohlene Freude wieder. Dann explodierte der Langhaarige in einem Sturm aus Kraft und einer Klinge nach vorn. Diesmal war es Andrej, der seinen gegenüber scheinbar vor sich her trieb. Die drei Klingen schwirren durch die Luft, beinahe unsichtbar für das Auge. Ein wahres Stahlgewitter wirbelt den Sand der Arena auf, bis Andrej plötzlich aus dem Angriffsmuster ausbricht und die Richtung des Schlages plötzlich ändert. Das Falcata, welches Munir zum Blocken empor gerissen hatte, wird ihm aus den Finger gerissen, während Andrej sich um seinen Gegner herum dreht, und so die zweite Klinge ins Leere laufen lässt. Der finale Hieb trifft Munirs Schulter. Ein lautes Krachen ertönt, als die Klinge sich im Schultergelenk verhakt. Eine schnell Drehung Munirs und das Falcata stößt nach vorne. Sein Gegner war aber bereits in der Drehung zurückgetreten, so dass die Klinge nur Luft zerschneidet.
Immer noch Grinst Andrej. Zwar steckt seine Klinge immer noch in Munirs Schulter, aber der Langhaarige scheint keine Anstalten mehr zu machen den Kampf fortzusetzen. Sein Blick richtet sich zur Loge des ehrenwerten Critias und dann verkündet er mit lauter Stimme, die selbst den Jubel des Publikums übertönte. „Ich gebe auf!“
Ein letztes respektvolles Nicken zu Munir, bevor er seine Hände in die Hosentasche sinken lässt und zum Ausgang der Arena schlendert. Die Reaktionen des Publikums, seien es nun Jubelrufe, oder Schmähungen scheinen ihn dabei nicht zu kümmern. Für ihn war es genau richtig gewesen. Immer noch grinsend verschwand er in der Dunkelheit der Arenakatakomben.