by Munir Andara » 10 Aug 2016, 14:37
Als das Tor dann geöffnet wurde, erhob auch er sich und betrat, ohne eine Form von Eile zu zeigen, den Boden der Arena, die Falcata nun in den Händen, die Spitzen, leicht von seiner Körpermitte gespreizt, zeigten auf den Boden. Das Lächeln, das zuvor noch in seinem Gesicht gelebt hatte, war verschwunden. Ausdruckslos führte ihn sein Weg zu seiner nächsten Gegnerin.
Beide näherten sich einander, die Schritte federnd, ihre schneller als die seinen. Seine Lippen zierte dabei ein schmales Lächeln, das auch seine Augen erreichte. Offenbar schien er sich durchaus auf den bevorstehenden Kampf zu freuen.
Dies war also seine finale Gegnerin. Der Gegensatz zwischen ihnen versprach interessant zu werden- er spiegelte sich in der Wahl ihrer Waffen, in ihrer beider Äußeren und in ihren Bewegungen wider.
Munir achtete nicht auf die unterschiedlichen Logen, er kannte nur wenige Gesichter Chicagos. Sein Blick richtete sich auf Ashina, studierte ihre schnellen, zielgerichteten Bewegungen, ihre Bewaffnung, ihre Kleidung. Vor allem versuchte er sich ein Bild von ihr zu machen, sie einzuschätzen. Bevor sie ihn erreichte, was nach seinem Geschmack wäre, denn unter diesen Umständen müsste er dieses nach ihren ersten offensiven- oder aber auch defensiven- Bewegungen nur noch bestätigen. Er suchte nach einem Grund, weshalb sie in diesem Kampf, in dieser Arena stand, weshalb sie so weit gekommen war, wie sie ihre Gegner hatte besiegen können. Was zeichnete sie aus?
Sie trafen nicht in der Mitte aufeinander, sie hatte ihre Schritte schneller als die seinen gewählt; der Ort ihrer Kollision lag weit mehr auf seiner Seite der Arena. Beide Waffen hielt er gesenkt, selbst als sie nur noch wenige Meter voneinander trennten. Ihre Streitaxt hielt sie kurz, beide Hände umschlossen den Schaft recht weit oben, als sie ihren ersten Hieb auf kurzer Distanz führte. Es lag viel Kraft darin, vermutete er. Wieviel, konnte er nicht sagen. Vermutlich mehr, als die meisten Sterblichen aufbringen konnten, doch das hieß nicht viel. Nicht in dieser Nacht, nicht an diesem Ort.
Sie hatte nicht ausgeholt, keine Zeichen von Aggressionen gezeigt.
Ansatzlos.
Der Schlag hatte auf seine Brust gezielt und hätte diese sicherlich auch aufgerissen, hätte er sich nicht geistesgegenwärtig unter dieser doch recht gerade geführten Eröffnung geduckt. Aus seiner knieenden Position schnellte er nun jedoch innerhalb kürzester Zeit mit einem explosiven Sprung empor und stieß sich von dem noch leicht vorgestreckten Knie Ashinas ab, um sich noch höher, über ihren Kopf zu katapultieren. Dabei hielt er sein rechtes Falcata zwischen seinem Körper und ihrem Waffenarm, um einer möglichen Abwehr vorzubeugen; die Spitze der Klinge hatte er neben ihrer Stirn platziert. Die andere, seine linke Hand, führte mit einer identischen Waffe einen Stoß, der auf ihren Hals zielte.
Dann sah er, weshalb sie all ihre vorherigen Gegner hatte bezwingen können. Vielmehr sah er es nicht.Sie war schnell. Schneller als er, schneller selbst als sein Auge. Sie wischte ihn regelrecht aus der Luft. Die Aktion traf seinen Körper jedoch nicht mit der vollen Kraft, allerdings reichte es schon, ihre Schneide Munirs Rücken streifen zu lassen, um ihn vollkommen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sein Hemd färbte sich nun auch auf seiner Rückseite langsam rot; ein großer Riss hatte sich klaffend aufgetan, darunter war blutverschmierte Haut, sowie die lange Schnittwunde zu sehen. Doch auch er hatte während ihres Angriffs mit seiner Rechten zustoßen können. Auch wenn nur ungezielt geführt, hatte er ihr einen Schnitt an der Stirn zufügen können, der für einen kurzen Moment heftig blutete, ehe er sich wieder schloss.
Die Landung Munirs, die sie beide für einen kurzen Moment separierte, führte zu einer kurzen Unterbrechung des Kampfes. Überraschenderweise hatte er beide Waffen in den Händen halten können, nachdem er sich abgerollt hatte. Nur seine Mütze war ein klein wenig nach oben verrutscht, was er allerdings schnell korrigierte, als er sah, wie sie sich- ebenfalls mit einer schnellen Bewegung- das Blut aus den Augen wischte.
Ein schmales, anerkennendes Lächeln zierte seine Lippen, als er ihre Bewegungen musterte. Langsam richtete er sich aus seiner kauernden Haltung auf, trat einige schnelle Schritte auf sie zu und bedachte sie mit zwei, drei schnell ausgeführten Hieben- nicht einmal ansatzweise mit der Geschwindigkeit geführt, die sie zuvor gezeigt hatte, doch schnell genug, um sie tatsächlich sehr schwer mit dem bloßen Auge erkennen zu lassen. Die beiden ersten Hiebe parierte sie, ohne große Schwierigkeiten zu zeigen, mit dem Schaft ihrer Axt; bei dem dritten gelang es ihr, das linke Schwert unter ihrem Axtbart zu verkeilen. Eine schnelle Drehung zeichnete einen kurzen Moment der Überraschung in seine Augen, als er ihr ihre Kraft zugestehen musste, die die seine zu übertreffen schien. Er ließ die verkeilte Waffe los und führte einen halbherzigen Stich, der auf ihren Bauch zielte, den sie allerdings mit dem Schaft parieren konnte.
So many and so various laws are giv’n;
So many laws argue so many sins
-John Milton, Paradise Lost