Elstern und Spottdrosseln (West Town, Offen)

[Othello]

Als Lydia langsamer wird und anhält, bewegt sich auch die Betrunkene nicht weiter. Das heißt: Sie versucht, still zu stehen, wankt aber bedrohlich vor und zurück, ehe sie sich mit einer Hand vom zerschlissenen, kaputten Backstein abstützte, der die Mauer des diesseitigen Wohnblocks zierte. "Ich....äh....erinnere mich kaum", gab sie nach kurzem Zögern zurück. "Er war.... nicht so groß..." Sie unterbrach sich und stieß ein beinahe niedliches Kichern hervor. "Der Typ meine ich!", fügte sie hinzu, als hätte sie Lydia bei einem anzüglichen Grinsen erwischt und stieß der Schwarzhaarigen vielleicht ein bisschen zu herzhaft den Ellbogen in die Seite. "Schwarze... Haare. Weiße Klamotten. N bisschen komisch, ja. Mit so ner.. ner.... wie heißen die? Mit so ner Mütze jeden....jedenfalls." Sie schloss die Augen. "Oh Mann... ich glaub, klein Mary war böse und hat... ein.. bisschen.... rumgevögelt. Fuck..." Und damit beugte sie sich vor und ließ die Wand Bekanntschaft mit ihrem Erbrochenen machen.

[Ashina]

Sie betrachtete die Frau, ja auch bei ihrem Tun und stellte für einen Moment das Atmen ein um nicht mehr als nötig mit dem Geruch gesegnet zu werden. Es mochte so noch ein Moment vergehen bevor sie erneut ihre Frage wiederholte...vielleicht lag eine leichte Dringlichkeit nun darin, die zuvor ausgelassen war. Im Winkel ihrer Gedanken mochte die Frage aufkeimen, ob sie sich noch weiter mit dieser Geschichte abgeben mag...egal welches Potenzial darin stecken mochte. Eine kleine Welle von Ablehnung blühte auf und egal wie oft sie selbst früher einmal in ähnlichen Situationen geschwommen war...

"Und wo Mary? Wo hast du ihn getroffen, diesen Schwarzhaarigen mit den weißen Klamotten und der Mütze? Beschreib es mir."

[Othello]

Nachdem sie einige Male gehustet und sich mit dem Handrücken - lecker! - den Mund abgewischt hatte, blickte Mary die Schwarzhaarige an und bewegte die Lippen, aber es drang kein Ton aus ihrer Kehle. Für einen Augenblick schien die akustische Welt still gestanden zu haben. Sie legte die Stirn in Falten und bewegte die Lippen erneut. "Äh.. das war verrückt." Sie hielt sich den Kopf und schien zu vergessen, wo sie war und mit wem sie gerade gesprochen hatte. Dann sah sie wieder zur Schwarzhaarigen auf. "Der Typ.. oh, ja. Im Club. Also.. im letzten, in dem ich war. Irgendwas... mit 'nem ...Elefanten?" Die Elephant Lounge lag zumindest in der Richtung, aus der Mary kam. "Äh... also du vorhin schwach gesagt hast... wie meintest du das, Lyd? Ich meine... du warst doch früher nicht so... spießig." Sie stützte sich mit einer Hand von der Wand ab und hielt die Augen geschlossen.

[Ashina]

Das verschobene Lächeln um ihren Mund wird intensiver und in der matten Dunkelheit ihrer Augen glänzt der Bernstein auf, als die Worte und Geräusche um sie herum entrissen werden. Noch immer behält sie die Frau in ihrem Blick und doch nimmt ihre Stimme einen anderen Ton an, als sie erwidert. Etwas nachdrückliches darin nun und eine leicht tiefere, kehligere Formung, die noch immer nicht lauter als es für die kurze Entfernung sein muss, sich zeigt.

"Es gibt ein altes Sprichwort der lautet: Komm durch die Vordertür in ein Haus. Es hat etwas damit zu tun, welchen Wert man sich selbst gibt...spricht nichts dagegen durch die Nacht zu schleichen wie ein gewöhnlicher Dieb, wenn man nicht mehr als eben das ist. Spricht nichts dagegen den Vorteil zu nutzen im Rücken des Anderen zu sein...wenn das der einzige ist, dem man hat."

[Othello]

Die junge Frau übergab sich ein weiteres Mal hingebungsvoll in Richtung Wand, richtete sich dann aber auf und stolperte weiter. "Ich glaube, den Rest schaffe schon.... warst wie immer ne gute Zu....hörerin, Lydia.", brachte sie im Gehen noch ein bisschen undeutlich hervor. Sie ging die Straße herunter und stützte sich dabei immer wieder von der Wand ab und erreichte schließlich nach vielleicht fünfzehn Metern einen Hauseingang, in dem sie verschwand.

Kaum war sie um die Ecke gebogen, schien eine Gestalt schon die ganze Zeit neben ihr gestanden zu haben. Zumindest mochte das der kleine stets aufmerksame Teil ihres Gehirns ihr vielleicht mitteilen. Wobei "neben" hier in großzügigem Maßstab verwendet wird. Die Gestalt mit dem beige-farbenen Trenchcoat, unter dem die in weißen Stoff gekleideten Beine zu sehen waren mit der ebenfalls weißen Mütze - beides war so weiß, dass es fast blendete - und den schwarzen Stiefeln, die im krassen Kontrast dazu standen, hielt in der Rechten den Griff eines Katanas, dessen Klinge auf seiner rechten Schulter ruhte, was der Pose eine gewisse Lässigkeit gab. Oder zumindest gegeben hätte, wenn sie nicht so gezwungen gewirkt hätte. Die Haltung des Arabers war wie mit dem Lineal gezogen und im ständig umher huschenden Blick der braunen Augen sah man keine Entspannung. Panik allerdings ebenso wenig - es war, als würde er versuchen, die ganze Welt gleichzeitig im Blick zu behalten.

"Wie heißt du?", erkundigte er sich ohne Umschweife aus einer Entfernung von etwa zwei Metern.

[Ashina]

Nachdem sich die Betrunkene erneut übergeben hatte, nachdem ein weiterer Schwall dieses Geruchs an ihr vorbei gezogen und auch die Erzeugerin dessen sich verabschiedet hatte, um weiter wankend ihrer Wege zu gehen, hob sie den Kopf und betrachtete den Mann, die Erscheinung in grellem Weiß mit der geraden Haltung und der Waffe auf der Schulter. Lässig...so als hätte jener sich irgendwie überlegt in welchem Bild er gesehen werden möchte, wie er sich für den ersten Moment präsentieren will. Warum nicht. Eine gewissen Zeit mochte vergehen...für den einen zäh tropfend, für den anderen nicht mehr als ein Moment.

Sie tat in dieser Zeit nichts weiter als ihn zu betrachten. Von oben bis unten die gesamte Gestallt, das Gesicht, die Haltung. Ihre Augen dabei nur bei ihm, keine Bewegung in ihrem Gesicht, keine Veränderung in diesem leicht seitlich verschobenem Lächeln, ruhige simulierte Atemzüge, ein ruhiges Wandern der Pupillen bis sie in den seinen ihren Sitz finden.

"Guten Abend" sagen ihre Lippen dann und legen sich aufeinander wieder zur Ruhe. Eine weitere Pause mag folgen, doch so lang sie jetzt auch sein mag, weitere Worte folgen nicht, nicht von ihrer Seite aus.

[Othello]

Viel war von ihm wegen des langen, weiten Trenchcoats, der ihm bis zu den Kniekehlen reichte, nicht zu erkennen. Unter der weißen Baumwollmütze konnte Ashina kurzes, schwarzes Haar erkennen. Die braunen Augen waren ständig in Bewegung, daran änderte sich ebenso wenig wie an der vermeintlich lässigen Haltung des Mannes, dessen arabische Herkunft zwar an der Hautfarbe sehr deutlich zu erkennen war, nicht jedoch an seiner Aussprache: Sein Englisch war akzentfrei. Obwohl die Haltung des Fremden Entspannung suggerierte, konnte jemand mit einem geschulten Auge erkennen, dass bestimmte Muskeln durchaus angespannt waren. Besonders jene Muskeln, die für einen gezielten, schnellen Schwerthieb benötigt wurden.

Ashinas Schweigen schien derweil auf einen Spiegel zu treffen, denn der Fremde erwiderte es regungslos. Als wenn er überhaupt kein Interesse an irgendeiner Art von Interaktion hätte, solange sie seine Frage nicht beantwortete. Oder vielleicht auch generell nicht. Nach einigen Augenblicken - für Sterbliche hätte es sich vielleicht für eine Ewigkeit angefühlt - erhob er dann aber doch seine Stimme. "Du beleidigst mich und erwartest dann, dass ich Höflichkeiten mit dir austausche." Die Stimme des Fremden blieb auf dem gleichen Level wie vorher. Sie war nicht gänzlich emotionslos, aber sie strotzte nur so vor Gleichgültigkeit. Auch klangen die Worte nicht nach einer Frage, sondern nach einer Feststellung.

[Ashina]

Weiterhin betrachtet sie ihn und nichts mag darauf deuten, was sie in diesem Moment denkt...doch, bei genauer Betrachtung, wozu ihr Gegenüber wohl imstande ist, kann man erkennen, das sich das leichte Lächeln von einem Mundwinkel auf eine Wanderung begeben hat und so ein fast zufrieden anmutendes Schmunzeln nun auf ihrem gesamten Mund und drum herum liegt. In keinster Weise aufdringlich oder genau zu bestimmen, was der Grund sein mag.

Wind mag aufkommen und ihre schwarzen Haare greifen, die Locken unter der Schiebermütze zur Seite fegen und den Saum ihres Mantels in Bewegung bringen, wie vielleicht auch den seinen. Da wo sie schwarz in schwarz gekleidet, mit unzähligen schwarzen Bildern benetzt steht, da steht er in gegensätzlichem Weiß, mit seiner schwarzen Haut.

"Da wo falsche Worte in der Wüste versanden, da werden Wahre zu schneidenden Klinge. Es ist also an dir zu entscheiden, ob das was ich in den Wind sprach deinen Kern trift. Du hast mich umschlichen, du hast dich verborgen, du hast gelauscht. Deine Schritte, deine Entscheidung wie der Abend nun verläuft."

Ruhig ihre Sätze, ruhig ihre Haltung und umständlich, die ihre dunklen Lippen die Worte formen, deren Klang einer eigenen Melodie zu unterliegen scheint, der nach einer Harmonie der Vokale sucht, die in dieser Sprache so nicht zu finden ist.

[Othello]

Tatsächlich blieb auch der beigefarbene, weite Trenchcoat des Arabers vom Wind nicht unbeeindruckt und flatterte gelegentlich leise vor sich hin. Noch immer huschten die braunen Augen umher, ihr Blick tastete das Gesichtsfeld ab und hielt sich dabei die meiste Zeit über bei der vor ihm stehenden Gestalt auf, die nicht wirklich aus den Augen gelassen wurde.

"Deine Worte waren es nicht, die mich dazu bewogen haben, mich zu offenbaren. Mir ist es egal, wie du mich nennst. Aber das bedeutet nicht, dass ich es mir nicht merken werde", erklärte er der anderen nächtlichen Gestalt in gewohnt ruhiger Manier. "Ich habe mich dir offenbart, um dir kund zu tun, dass West Town mein Jagdrevier ist. Alles, was du hier tust, wird Konsequenzen haben. Das gilt insbesondere für das Belästigen oder Verletzen meiner Herde sowie weitere Unverschämtheiten mir gegenüber. Du bist gewarnt. Dein Wahl, wie der Abend verläuft."

[Ashina]

Sie lässt Zeit vergehen nach seinen Worten, so als müsse sie deren Inhalt erst überprüfen, gründlich den Buchstaben nachsinnen und so als hätte sie nun nach dieser Pause verstanden, nickt sie leicht ohne das Lächeln zu verlieren, das nun sacht auch ihren Blick ergriffen hat und einen leichten Glanz in ihre dunkle Pupille wirft. Noch immer keine Spur von Überheblichkeit, Ablehnung oder derartigem an ihr.

"Erstaunlich..." sagt sie "...wie Mütterlich du dich gebärdest und wie getroffen du sprichst dafür, das es dir....egal ist."

Sie hebt leicht die Hand und winkt ab, nur ein wedeln, so als wische sie einen Krümmel vom Tisch, bevor sie weiter redet.
"Ich habe deine Offenbarung...und deine Warnung vernommen Araber. Was mir fehlt ist nun dein Name, so du einen dein Eigen nennst."