Tage wie dieser … (offen)


Tage wie dieser … (offen)

Postby Amber White » 25 Jun 2015, 16:03

Jeder kennt diese Tage. Tage wo man sich Haarspray anstatt das Deo unter die Achsel sprayt, man anstatt zur Zahnpasta zur Flüssigseife greift und die Milch beim ersten Kaffee des Tages flockig und somit sauer ist. Tage wo man eigentlich schon nach dem Aufstehen keine Lust mehr hat und man wieder ins Bett will. Und dieser rote nicht endende Faden zieht sich durch den ganzen Tag. Man steht im Stau, obwohl man es eilig hat. Man lässt etwas fallen, bückt sich um es aufzuheben, nur um mit den Hintern etwas anderes umzustoßen … Tage die man einfach vergessen möchte.

So einen Tag habe ich heute nicht. Meiner ist sogar richtig gut. Ich komme gerade aus dem West End, einer Sportsbar, in Chicagos West Loop. Dieses Lokal ist nicht nur in der Hockey- und Basketballsaison äußerst beliebt sondern auch sonst erfreut es sich regen Zuspruchs. Es verfügt zwei riesige Plasmafernseher und somit kann man aus jeder Ecke des Ladens die Spiele verfolgen. Im West End ist es auch möglich Sportwetten abzuschließen und ich habe offenbar gewonnen, so wie ich gerade grinse.

Kurz überlege ich ob ich die W Madinson St weiter hinunter gehe, auf der rechten Seite soll es ein Beer Bistro geben … Beer Bistro, das klingt schon ziemlich cool. Aber mich treibt es dann doch in die entgegengesetzte Richtung und zwar Richtung Union Park. Ich laufe die W Madinson St weiter und biege dann rechts in die N Ashland Ave ein. Gemütlich bin ich unterwegs, ich habe es nicht eilig. In der einen Hand halte ich eine halb volle… ja, halb voll und nicht halb leer, weil ich gute Laune habe… Flasche Bier und in der anderen eine Zigarette.

Ich trage heute eine braune Lederjacke, die halb geöffnet ist und den Blick auf das darunter getragene, weiße und schlichte Top frei gibt. Dazu eine hellblaue Jeanshose, deren Beine die Stiefelschäfte der braunen Lederstiefel verdecken. Die Lederhandschuhe passen zum braun der Jacke und der Stiefel. Meine Haare sind zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden und mein Gesicht ist nur dezent geschminkt.

Der Park ist nicht sonderlich groß und irgendwie verschlägt es mich dann doch erst mal nicht hinein, denn ich entdecke gegenüber vom Park eine Kirche. Die First Baptist Congregational Church. Ob die Kirche noch aktiv ist weiß ich nicht. Überall stehen am Gebäude Gerüste und blaue Abdeckplanen. Aber ansonsten scheint noch alles intakt zu sein. Eine hübsche Kirche wie ich finde und ich nehme mir die Zeit an diesem schönen Abend, hier einfach einen Augenblick zu bleiben und meine Zigarette zu genießen …
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Katherine Summers » 27 Jun 2015, 20:12

Ein Stück abseits der Kirche, auf einer Parkbank, glimmte die orange-rötliche Glut, einer weiteren Zigarette auf. Dünne Rauchschwaden stiegen in den dunklen Himmel empor, wo sie sich alsbald in der Schwärze der Nacht verloren, während wachsame, blaue Augen misstrauisch die Umgebung absuchten. Schlussendlich blieben die Blicke an der blonden Frau hängen, welche ihrerseits genüsslich rauchend versuchte, die Architektur der restaurationsbedürftigen Kirche zu bestaunen. Da stahl sich ein vergnügt-wissendes Glitzern in diese abgründigen Saphire, die ohne zu Blinzeln, die Erscheinung der Frau auf der anderen Straßenseite von oben bis unten systematisch abtasteten. Wie Sensoren oder Messinstrumente, die schlussendlich zu einem Urteil gelangen würden. Viel zu urteilen gab es aber ohnehin nicht, denn allein die Tatsache, das Katherine in der blonden Frau bzw. dem Mädchen, die verängstigte Besucherin aus diesem langweiligen Mumifizierungskurs wiedererkannte, versprach eine volle Ladung ungebremsten Spaß.

Und da man sich aktuell in den beginnende Ausläufern des West Ends befand, war Heiterkeit und ein wenig Vergnügen, die einzig sichere Methode, gekonnt die Tatsache zu verdrängen, das nur ein paar Blocks weiter die soziale Unterschichthölle residierte. Außerdem war es immer ein unglaublich, befriedigendes Amüsement, wenn die kleinen, adrett zurechtgemachten Mäuschen vor Angst quietschten. Fast so gut wie etwas anderes, wobei das Eine, ja dass Andere nicht zwingen ausschließen musste. Eine Frau, ein Entschluss. Mit einer schwungvollen Bewegung, richtete sich die Blondine aus ihrer sitzenden Position auf, um die um diese Zeit wenig befahrene Straße zügig zu kreuzen. Heute Nacht wieder mit flachen, abgetragenen Sneakers und grau-schwarzen Camo-Jeans; Nietengürtel und dem altbewährten, lässig geschulterten Rucksack. Sie trug ein grell-pinkfarbenes, bauchfreies cropped Top mit Tribal-Herz Aufdruck, darüber eine kurze, schwarze Lederjacke. Die blonde Mähne wurde im Out-of-Bed Look offen getragen, doch kaum jemand war sich bewusst, dass sie tatsächlich, erst vor Kurzem aufgestanden war. Ein wenig abgefuckt, würden einige behaupten, andere wiederum fänden wohl großen Gefallen daran. Geschmäcker und Ohrfeigen, waren zahlreich und verschieden.

Mit fließenden, katzenhaften Bewegungen näherte sie sich der hübschen Dame, welche ihr den Rücken zugewandt hatte. Im Grunde präsentierte sie sich ja schon regelrecht als nächtlicher Appetithappen. Allzu einfach. Sie umschloss die Hüften des jungen Mädchens mit beiden Armen, überkreuzte die Hände knapp über dem Hosenbund. Ihr Kopf kam neben ihrer Schulter zu liegen, schmiegte sich zärtlich an sie und flüsterte ein paar provokativ gehauchte Worte. Es hatte etwas provokativ Erotisches, das darauf abzielte ihre völlig distanzlose Umarmung, noch zusätzlich zu unterstreichen. Wenn schon, dann musste sie der Kleinen einhundert Prozent bieten. Die Nacht war doch noch so jung und geradezu herzzerreißend unschuldig.

„So ganz allein unterwegs hm? Haben deine Freunde keine Zeit für dich Engelchen?“ Eine Hand wanderte sachte, eine gefühlte Ewigkeit den Unterarm von Amber hinab, bevor sie sich zärtlich auf ihre Hand legt und diese umschloss. Wie der Zufall es so wollte, war es akkurat jene Hand, in der sie ihre Bierflasche hielt. „Teilst du deine Beute?“, erklang es raunend hinter ihrem rechten Ohr.
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Amber White » 29 Jun 2015, 12:15

Berührungen sind etwas intimes und sie setzten eine gewisse Vertrautheit voraus. Wenn es diese Vertrautheit nicht gibt, kann man das entstehende Gefühl durchaus als unangenehm beschreiben. Diese, ihre Berührungen kommen nicht nur unerwartet, sondern ihnen fehlt auch die eben erwähnte Vertrautheit. Ihre Arme legen sich um meine Hüfte und ich sehe hinab zu ihren Händen. Sie kann vielleicht das tiefe Einatmen von mir vernehmen. Aber der wahrscheinlich erwartete Protest bleibt aus. Mein Blick richtet sich starr geradeaus als ich ihre Nähe als Ganzes Begreife. Ich spüre ihren Kopf, dank der Lederjacke zwar kaum auf meinen Schultern, aber ich weiß er ist da. Ihre geflüsterten Worte gleiten nicht nur über meine Haut sondern kriechen auch darunter. Sie lassen mich erstarren in einen wohligen unbehaglichen Gefühl. Kann man Angst riechen?

Mein Geruch ist und bleibt dezent, etwas blumiges, liebliches, umschmeichelt mich, ist nicht aufdringlich sondern nur ganz unbewusst wahrnehmbar. Mein Körper ist starr und steif wie eine Statue. Je nachdem wie eng sie sich an mich schmiegt, kann sie am Rücken unter der Jacke wohl etwas erahnen. Erahnen Aufgrund der dicke des Leders der Jacke. Vielleicht eine Art Korsett für meine Wespentaille ... wobei, bei mir wohl eher als Stütze für einen kaputten Rücken.

Ihre Hand, bleibt von mir nicht unbemerkt, wie sie meinen Arm hinab wandert, um sich um die Flasche zu legen. Aber diese, meine Beute, wird in meiner Hand so schwer. Sie entgleitet meinen Fingern und wenn Katherine sie nicht festhält, wird sie Opfer der Schwerkraft. Hinabgezogen auf die Platten um dort zu zerspringen. Die letzten Reste des Bieres werden sich mit den Splittern des Glases auf den Steinplatten verteilen und wahrscheinlich auch unsere Hosen benetzen… es sei denn Katherine ergreift sie …

Aber im gleichen Moment, wie die Flasche meinen Fingern entgleitet gehe ich einen energischen Schritt nach vorne. Als müsste ich meine ganze Kraft aufbringen, mich aus der Starre zu befreien. Ich will Distanz zwischen ihr und mir, um das Gefühl einfach abzustreifen. Es fällt mir sicherlich leichter, wenn sie nach der Flasche greift aber so oder so wird sie sich dazu entschließen müssen mich grob festzuhalten, damit ich mich nicht von ihr lösen kann … sollte sie mich allerdings gehen lassen, wende ich mich nach einem weiteren Schritt zu ihr um und funkle sie wütend an … nur im selben Atemzug, meine Augen erschrocken zu weiten und noch einen Schritt zurückzuweichen, nachdem ich erkannt habe, wer da vor mir steht … Tage wie dieser ...
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Katherine Summers » 29 Jun 2015, 13:42

Zauberhaft, es war einfach nur als zauberhaft zu bezeichnen, was sich da alles an entzückenden Rührungen, Gefühlen, Empfindungen und Bewegungen abspielte. Das Mädchen fühlte sich für Kat, im Vergleich zu ihrer eigenen Körpertemperatur wunderbar warm und lebendig an. Das kleine Herz, das für den Bruchteil einer Sekunde auszusetzen drohte, als sich das Adrenalin ob dieser unerwarteten Überraschung, blitzschnell in Bewegung setzte, das sachte Ein- und Ausatmen mit dem zeitgleichen Heben und Senken ihres Brustkorbs, als sich ihre funktionstüchtigen Lungen mit Sauerstoff füllten. Himmlisch. Nicht zu vergessen dieser feminin, blumige Duft der ihre Nase dezent umschmeichelte und der sich, hätte sich Kat ein wenig mehr bemüht, wohl relativ einfach in seine chemischen Bestandteile aufschlüsseln ließ. Das hätte dann vermutlich weniger angenehm, dafür aber umso intensiver gerochen. Pheromone waren bei Weitem angenehmer, denn sie besaßen eine ungetrübte Urtümlichkeit, die moderne Parfüms gänzlich vermissen ließen. Außerdem wirkten sie weitaus stärker und dabei völlig unbewusst. Angst konnte man tatsächlich riechen und manch einer, war sogar in der Lage sie förmlich zu schmecken und sich an ihr zu laben. Schockstarre, wie das Häschen vor der Schlange. Herzallerliebst.

Den Widerstand auf dem Rücken des kleinen Menschleins, der eigentlich in dieser Form nicht da sein sollte, nahm sie ebenfalls interessiert war. Relativ starr und solide fühlte es sich an. Stützend, haltend, Form gebend als wenn sonst nichts vorhanden gewesen wäre, das Halt geboten hätte. Das hübsche Mädchen, schien gehandicapt zu sein. Ein ansonsten ansehnlicher Körper, obwohl sie ihn in seiner ganzen Pracht noch nicht hatte bewundern dürfen, der Makel aufwies. Empfindliche, einschränkende, wohl auch schmerzhafte Makel. Ein geknicktes Blümchen. Traurig. Der Schock war wohl zu viel für das arme Ding, denn der nächtliche Trunk drohte ihren kleinen Fingern zu entgleiten um sich begleitet von gläsernen Klirren, auf dem dreckigen Asphalt zu verteilen. Nun, nicht wenn Kat es nicht würde verhindern können. Reflexartig ging sie etwas in die Knie, während ihre Hand den Flaschenhals zu fassen bekam, kurz bevor dieser am Boden aufschlug.

Augen die sich mit dem untrüglichem Ausdruck von Wut auf sie richteten, sich aber allmählich in erschrockener Erkenntnis weiteten, als dem Mädchen mit einem Mal bewusst wurde, wer ihr zu so später Stunde noch so eine dreiste Aufwartung machte. Das Lösen aus ihrer absichtlich sinnlich gehaltenen Umarmung, würde dem hübschen Ding aber denkbar leicht fallen. Kat hatte nicht die Absicht sie um jeden Preis festzuhalten, stattdessen studierte sie etwas unsicher das Etikett der Bierflasche. Interessante Marke, da ließ es sich aber jemand wirklich gut gehen. Nur warum sollte man sich zu so später Stunde völlig alleine vor einer Kirche volllaufen lassen? Soweit sie informiert war, machten derartige Aktivitäten in der Gruppe um einiges mehr Spaß. Ihren Kopf leicht schief legend und ebenso schief lächelnd, während die Zigarette erneut an ihren Mund wanderte, hielt sie dem verstörten Ding die Flasche entgegen.

„Du bist wie diese Flasche liebes. Ein wertvoller Inhalt aber die Hülle ist zerbrechlich wie Glas. DU bist zerbrechlich wie Glas Engelchen. Ein hübsches, kleines, armes, verlorenes Mädchen. Voller Träume, Ideen und Fantasien. Ein bunter, lebendiger und verletzlicher Schmetterling, der mit einem Schlag sein Leben verlieren könnte. Du bist so schwach und hilfesuchend. Weder die Opferrolle noch deine geschlechtsstereotypen Reaktionen scheinen dir etwas auszumachen. Im Gegenteil.“

Die Spitze der Zigarette flammte kurz auf, als sie ihre toten Lungen erneut mit Rauch füllte.

„Ich kann dir helfen kleines Mädchen, denn du erinnerst mich bedauerlicherweise an jemanden. Allerdings werde ich dir meine Hilfe nur dieses einzige Mal anbieten.“ Abwartend, musterte Kat die Blondine.
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Amber White » 29 Jun 2015, 14:24

Sie lässt mich frei und so sehe ich sie an. Die Flasche wird gefangen, gerettet, vor dem steinigen Untergang. Der Inhalt wird bewahrt und wird mir wieder dargeboten. Wie ein Apfel. Ich könnte sie nehmen, nach ihr greifen, wenn ich einen Schritt auf die blonde Frau zu machen würde. Aber ich rühre mich nicht. Meine Hände sind ganz leicht gehoben, so ungefähr auf der Höhe meiner Hüfte, als wenn man jemanden beschwichtigen will … ganz ruhig … die Zigarette hingegen, die gerade noch zwischen meinen Fingern der anderen Hand verweilte, liegt nun zu Katherines Füßen. Glimmt dort vor sich hin, verzehrt den Tabak, Stück für Stück ...

Sie spricht und an einem anderen Ort unter anderen Umständen, hätte ich mich vielleicht geschmeichelt gefühlt… Engelchen, hübsches Mädchen … lebendiger Schmetterling … Ja, vielleicht hätten es ihre Worte geschafft, meine Schüchternheit zu durchbrechen… wenn sie das mit einem Schlag erlöschende Leben weggelassen hätte. Meine Augen huschen über ihre Gestalt, über unser Umfeld. Suchen einen Ausgang? Musternd, fast mechanisch erfasse ich unsere Umgebung und sie, natürlich immer wieder sie, der Mittelpunkt. Die Glut der Zigarette am Boden frisst sich langsam immer weiter … die Sekunden fühlen sich so unendlich lang an.

Ich verfolge ihre Bewegung, wie sie ihre Zigarette zu ihren Lippen führt. Wie sie den Rauch, das Leben des Tabaks, tief in ihren Körper saugt. Sie spricht weiter. Misstrauen ist es, was in meinen Augen zum Vorschein kommt… und … Neugier? Was ist das Angebot, welches die Frau, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzt, vorzubringen hat. Was will sie mit mir, da ich offenbar das genaue Gegenteil von dem was sie ist bin? Es ist Brandos Stimme in meinem Ohr „Ich mache ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann.“ Meine Lippen bleiben stumm und meine Brauen ziehen sich eine Nuance zusammen … soll das etwa ein … böser Blick werden? Neben Katherines Füßen frisst sich die Glut weiterhin unbeeindruckt langsam, durch die Reste meiner Zigarette …
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Katherine Summers » 30 Jun 2015, 09:04

Das matt-gedämpfte Licht einer nahen Straßenbeleuchtung, warf dunkle Schatten in ihr so makellos schönes Gesicht, verstärkte nur die satt aufgetragene Finsternis, welche die blauen Augen der Blondine umrahmten, als sie das Mädchen weiterhin mit stoischer, abwartender Ruhe betrachtete. Die Flasche mit dem teuren Importbier, verharrte weiterhin eine Armeslänge von ihr entfernt; rührte sich nicht. Da war kein Muskeltonus, kein Blinzeln, kein leichtes Zittern das signalisiert hätte, dass ihr diese Haltung demnächst unangenehm werden könnte. Schön war sie, makellos schön und gefährlich attraktiv. Diese Form von Attraktivität, welche Blicke in ihren Bann zog, sie nicht mehr los ließ, dabei aber lediglich gekonnt, mit der visuellen Fixierung von Menschen spielte. Katherine war wohl eine der Sorte Frauen, die alle haben wollten aber mit der es aus diversen Gründen, keiner lange aushielt. Zudem besaß sie nach außen hin genug Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen, um es vermutlich mit jedem aufnehmen zu können. Keine Spur von weiblicher Passivität und Unterordnung, kein Zweifel, keine Angst und kein Bedauern. Was immer sie tat, schien sie aus tiefer, beharrlicher Überzeugung zu tun. Einen Drachen kann man nicht zähmen und einem Dämon kann man nicht trauen. Ihr Blick blieb weiter auf der kleinen blonden haften und folgt ihren leicht nervösen Augenbewegungen. Stehen bleiben oder davon laufen? Links oder rechts? Endete der Weg vor ihr in einer Sackgasse? Konnte man die Kirche als Deckung nutzen? Kat konnte förmlich spüren, wie das Mädchen vor ihr gegen ihre Urinstinkte ankämpfte und sich redlich abmühte, nicht die Beine in die Hand zu nehmen.

Dann plötzlich schnippte Kat ihre eigene, vor sich hin glimmende Zigarette, mit einer flinken Handbewegung, gegen die mit Planen abgedeckte Kirchenwand. Sie prallte ab und kam ein Stück weit vor ihr zu liegen, bereit ihr Schicksal mit jener von Amber zu teilen. Wie ein sich langsam, qualvoll dahinfressender Countdown. Ihre Körperhaltung entspannte sich, die Flasche wurde mit einem beinahe dramatischen ‚Klonk‘, vor ihr auf dem Boden abgesetzt. Erneut ruhte dieses schiefe, überlegen wirkende Lächeln auf ihrem Gegenüber, versuchte in ihrer Mimik zu lesen wie in einem Buch. Für Katherine war klar, dass ihre Unsicherheit primär von ihrem Aufeinandertreffen beim Präparier Kurs herrühren musste. Zugegeben, aufblitzende Fänge sah man wohl nicht oft und wenn doch, dann gerade bei einer Begegnung mit Kat, meist nur einmal. Es war entzückend, wie sich ihr hübsches Mädchen in dieser bittersüßen Agonie und Neugier wand. Katherine verschränkte abwartend die Arme.

„Laufen? Flüchten? Schreien? Um Hilfe rufen? Was soll es werden kleiner Schmetterling? Deine Flügel sind etwas lädiert kleines Mädchen, weit würdest wohl ohnehin nicht kommen mit deiner… Skoliose? Kyphoskoliose? Osteoporotischen Wirbelkörperfraktur? Was frisst sich durch deinen hübschen Körper?“ Ein beruhigendes, wohlwollendes Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Aber warum sollte es überhaupt zu dieser fatalistischen Szenerie kommen? Warum solltest du deine Zweifel und Ängste nicht für einen Abend vergessen können und stattdessen mein Angebot annehmen?“ Ein weiterer Schritt nach vorne, die Bierflasche zu ihren Füßen wurde nicht weiter beachtet.

„Keine Schmerzen mehr, kein Leid, kein trauriger Blick in den Spiegel sondern das Durchbrechen deines buchstäblichen Korsetts. Schwimmen, Pony-Reiten, Klettern, Springen, Hüpfen und im Sommer Bikinis tragen oder bauchfreie Oberteile. Ein Stück mehr Selbstbewusstsein für mein scheues Reh. All das, kann ich dir anbieten, heute, hier – jetzt. Alles was du dafür tun musst ist meine Hand ergreifen Engelchen. Die Entscheidung liegt bei dir aber ich kann dir aus Erfahrung versichern, so ein Angebot wirst du kein zweites Mal, in deinem hübschen Schmetterlingsleben bekommen. Soll ich dir dein Leben zurückgeben? Nimm meine Hand.“ Und eben jene, würde ihr dann ausgestreckt, angeboten werden.


[Auspex II -> Wahrnehmung+Empathie gg. 8 = Fehlschlag!]
[Fluffy Amb: https://www.youtube.com/watch?v=RBkjPrK4RBg]
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Amber White » 30 Jun 2015, 12:11

So wie ich sie ansehe, ist der Teufel in meinen Augen eine Frau. Eine Frau mit blonden Haaren und einen wundervollen Gesicht. Es ist, als wäre die Szenerie und das Licht nur für ihren Auftritt geschaffen wurden. Und sie lockt mit ihrer silbernen Zunge, verführt, komm greife meine Hand kleines Mädchen und alle deine Wünsche werden wahr. Ich hänge an ihren Lippen, diesen wunderschönen vollen Lippen und versinke in ihren blauen Augen. Gefährliche Attraktivität, der ich mich ganz offensichtlich nicht entziehen kann. Worte die sich wie eine Schlange über den Boden schlängeln. Eine dunkle Schlange, die zu mir hinauf gleitet, über meine Kleidung, sich ihren Weg unter diese sucht, über meine Haut den Bauch hinauf, immer weiter über meine Brust, fährt die Konturen meines Körpers ab. Als nächstes erreicht sie meinen Hals, ich spüre sie auf meinem Gesicht, hin zu meinem Ohr. Dort gleitet sie hinein, säuselt und träufelt ihr Gift, zieht sich wie schwarze Schlieren durch meine Gedanken. Komm greife meine Hand … jeder sucht doch irgendetwas … und wer bin ich zu widersprechen …

Aber ich rühre mich nicht. Greife nicht ihre Hand, denn alles hat seinen Preis und dieses, ihr Angebot wird meine Seele kosten. Ich weiß es, sie kann es in meinen Augen sehen und es ist mir nicht fremd. Ich weiß, sie will mich benutzen und mich missbrauchen, sie will wissen was in mir steckt. Sie kommt einen Schritt auf mich zu und ich weiche den einen wieder von ihr zurück. Meine Lippen bleiben noch immer geschlossen. Weglaufen und Flüchten … nur wohin, ich habe mich so bewegt, dass die Kirche in meinem Rücken ist und ihr Mauerwerk mir vielleicht noch einen kleinen Schritt gönnt, bevor ich nicht weiter zurückweichen kann. Ich muss wenn an ihr vorbei. Ein weiteres Mal wandern meine Augen in analytischer Ruhe über ihren Körper, Sneakers und Jeans, dazu ihre Katzengleiche Anmut, nichts was mir einen Vorteil bringen würde, meine Chancen für eine erfolgreiche Flucht zu erhöhen. Dumme kleine Maus… sitzt in der Falle ...

Der nächste und letzte Schritt bringt mich mit meinen Rücken gegen die Mauer. Es scheint als musste ich diesen Schritt auch noch gehen, um nicht doch ihr Angebot anzunehmen, ihren Verlockungen nachzugeben … die süßen Träume, die sie vermag wahr werden zu lassen. Ich lasse Katherine keine Sekunde aus den Augen … wir sind alleine, niemand wird mich hören … niemand, nicht mal ein Auto fährt hier lang, entfernt heult eine Sirene, viel zu weit entfernt. Keine Lichter in den Fenstern der umliegenden Gebäude. Auch der Park ist dunkel … wir sind alleine … und der sündhaft verführerische Teufel in Gestalt der fürchterlich attraktiven Frau ist nicht mal mehr drei Meter von mir entfernt … und dennoch ist da diese Neugierde … sag mir deinen Preis …



[Fluffy Amb: https://www.youtube.com/watch?v=F7cPgonpbwo]
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Re: Tage wie dieser … (offen)

Postby Katherine Summers » 30 Jun 2015, 13:55

Der blonde Engel oder Teufel, je nachdem wie man das sah, weidete sich unverkennbar genüsslich, an ihrem kleinen, höchst persönlichen Dilemma. Man konnte förmlich spüren, wie sie diese Furcht- und Hilflosigkeit, mit einem wissenden, gutmütigen Lächeln in sich aufnahm. Sie hatte diese und ähnliche Szenerien wohl schon so häufig erlebt, dass es sie kaum mehr zu überraschen vermochte. Dennoch schienen sie diese kleinen, entzückenden Miseren, immer wieder aufs Neue zu faszinieren und zu erregen. Die verführerische, verlockende Schlange zu sein, barg ein ungeahntes Hochgefühl der Überlegenheit und der Dominanz, die schlussendlich Kontrolle suggerierte. Und Kontrolle war etwas, nach dem sich jeder Mensch sehnte. Kontrolle über andere, Kontrolle über sich selbst. Menschen wie Kainiten liebten dieses marode Spiel, das mittlerweile seit Jahrtausenden zur Lieblingsbeschäftigung ganzer Nationen und Staaten auserkoren worden war. Katherine war nicht anders, denn jeder suchte etwas. In dieser finsteren Nacht, hatte die Blondine gefunden. Und mochte es auch nur dieser verzückende Spaß sein, dieses hilflose Geschöpf davon zu überzeugen, dem Leibhaftigen gegenüberzustehen.

Sie fing ihre vielsagenden Blicke auf und beantwortete sie abermals mit einem maliziösen Lächeln, das makellos aneinandergereihte, perlweiße Zähne zum Vorschein brachte. Es fehlten lediglich diese ungemein scharfen, raubtierähnlichen Fänge, auf welche Amber bereits ein paar Tage zuvor, einen kurzen Blick hatte werfen können. Doch es passierte nichts. Keine mahlenden, alles verschlingenden Kiefer oder Reihen aus todbringenden Reißzähnen. Stattdessen kam ein sachtes Kopfschütteln, als das kleine Mädchen sich erschrocken und offenkundig unfähig auch nur ein Wort über die Lippen zu bekommen, gegen die kalte, schmutzige Kirchenwand zwängte. Schritt für Schritt, Zentimeter für Zentimeter. Gezwungen selbstbeherrscht, schien ihre Beute gerade Optionen, Möglichkeiten, Vor- und Nachteile, Fluchtwege und Kampfszenarien durchzuspielen aber Kat hätte ihr in Anbetracht der aktuellen Situation, ungefähr die Chancen einer Ameise, die einen wütenden Elefanten mit Weintrauben bewarf, zugestanden. Sie lag im Zentrum der hilflosen und beinahe ohnmächtigen Aufmerksamkeit von Amber und genoss jede Sekunde davon, als sie einen weiteren Schritt auf sie zumachte.

„Da war die Mutter von drei Kindern, die sich maßlos mit Fast-Food und Schokolade überfressen hatte. Dick, unförmig und aufgequollen wie ein Schwein. Selbst die Pfleger ekelten sich davor, ihre schwappenden Fettwülste hochzuheben um sie zu waschen. Es war widerlich. Jetzt, hat sie einen Modelvertrag und posiert für eine namhafte Männerzeitschrift; betreibt regelmäßig Sport.“ Sie machte einen winzigen Schritt nach vorne.

„Da war ein Anwalt, hochdekoriert und sehr geschätzt in dem was er tat aber kahlköpfig und schmächtig, mit einer schiefen unästhetischen Nase. Die Frauen lachten über ihn und er kam nicht einmal auch nur in die Nähe von irgendetwas Weiblichem. Jetzt hat er ein stark ausgeprägtes, maskulines Kinn, seine Nase ist schlank und gerade und seine Oberkörpermuskulatur, verschafft ihm ein Date nach dem anderen. Alle im Büro beneiden ihn.“ Noch ein winziger Schritt.

„Ein junger Taxifahrer, der die Frauen reihenweise aufreißen wollte aber an einem Minderwertigkeitskomplex litt – er hat jetzt ein voll funktionstüchtiges, riesiges Traumgemächt, um das ihn jeder Pornodarsteller beneiden würde. Ein Rentner mit Hohlkreuz, eine Schülerin mit Spreizfuß, ein Kriegsflüchtling ohne rechte Hand, ein einäugiger Veteran, eine junge Frau die nicht schwanger werden konnte, ein Querschnittgelähmter, Mädchen mit zu großen oder zu kleinen Brüsten, Brustkrebs, Metastaen, Lungenödeme,Tumore, schiefe Zähne…“ Weiter und weiter kam sie auf Amber zu, bis sie direkt vor ihr zu stehen kam. Ihr Blick, nagelte sie förmlich, gegen die Wand hinter ihr. Kein Entkommen, kein Entrinnen, sie nahm sie völlig mit ihrer düster-verlockenden Präsenz ein. Ihre katzenhaften, anmutigen und völlig kontrollierten Bewegungen, ließen nicht den leisesten Zweifel darüber aufkommen, wie eine mögliche Flucht ihrerseits, enden würde. Eine Hand stütze sich links neben Ambers Gesicht an die Wand, die andere ergriff sachte aber bestimmt ihr Kinn und lenkte ihre Augen, in die ihren.

„Und schlussendlich ein Mädchen. Hübsch, verträumt, liebenswert. Voller Angst, Einsamkeit und Hoffnung…. mit einem kaputten Rücken, der ihr Schmerzen bereitet, für den sie sich schämt. Im Sommer sieht sie traurig den anderen Schönheiten hinterher, die sich mit ihren heißen Flirts, neckisch in der Sonne aalen und wirft beim U-Bahnfahren, verstohlene Blicke auf die sich küssenden Paare. Sie fühlt sich minderwertig, zerbrochen und ausgegrenzt. Gibt es denn kein Glück für sie?“ Ein schmales, sich allmählich verbreiterndes Lächeln durchzog das Gesicht der tödlich-attraktiven Frau.

„Wie geht die Geschichte aus kleines Mädchen? Wie wird sie sich entscheiden?“ Ihr Gesicht kam nun mehr als nahe an Amber heran, ein stoisch ruhiges Bild, das sich um keinen Millimeter rührte. "Wir haben alle Angst. Du musst verrückt sein wenn du keine Angst hast. Besiege deine Angst und erhebe dich über deine Makel. Flieg mein Schmetterling. Lass mich dir helfen.“


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