Nachtfilm [offen]


Re: Nachtfilm [offen]

Postby Lou Cifer » 18 Jun 2015, 16:02

“Ne.“ erwiderte sie salopp auf den Vorgarten hin und zeigte ein freundloses, erheitertes Grinsen, verursacht durch einen zur Seite gezogenen Mundwinkel. Kleine Grübchen entstanden auf ihrer Wange, wenn sie das machte. Im Moment der einzig, wirklich nette Zug in ihrem Gesicht. “Genauso wenig wie Deiner.“

Ein paar Augenblicke lang sah sie noch einmal in die Richtung, in welche die Gruppe von vorhin verschwunden war. Dann gehörte ihre Aufmerksamkeit wieder ganz dem Fremden, welchem sie sich nun ein Stück mehr zuwandte, wodurch die Distanz minimal verringert wurde. Ganz anders als er zeigte sie keinerlei Nervosität. War sich ihrer selbst und ihrer Umgebung eindeutig recht sicher. Eben ganz so, als wäre es tatsächlich ihr Vorgarten. Aber würde das von einem öffentlichen Park schon ernsthaft behaupten.

“Gibt also keinen Grund, nervös rum zu stottern. Ich tu Dir nichts und ich glaube kaum, dass Du vorhast, genauso einen Lärm zu veranstalten, wie die da.“

Mit dem freien Daumen deutete sie kurz in die Richtung, in welche Blondie verschleppt worden war. Offenbar stufte sie den Fremden nicht als Gefahr ein, wobei die stillen oder nervösen Wasser es nicht weniger wert waren, vorsichtig zu bleiben. Und sicher wäre sie nicht vorbereitet, sollte so ein gespanntes Gummiband doch noch losschnellen und nach ihrem Gesicht schnappen … aber weniger ob des Fremden, sondern ob der Tatsache an sich, dass man in Zeiten wie diesen schlicht und ergreifend einfach auf alles vorbereitet sein musste.

“Oder?“
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Othello » 18 Jun 2015, 18:18

Sein Blick folgte der Geste des Daumens nicht, sondern blieb für den Moment auf ihr Gesicht geheftet, fast als würde er jederzeit mit einem Angriff ihrerseits rechnen. Ihr musste schnell klar werden, dass ihre Worte gegen seine Nervosität nichts ausrichten konnten. Als wäre sie angeboren oder so. Schließlich zog er die Hände aus den Taschen des Trenchcoats und strich dann mit ihnen in einer beiläufigen Bewegung dessen Stoff glatt.

"Mhm...", machte er nachdenklich, den Blick beinahe kritisch auf den fleckigen Mantel gerichtet, als würde er sie und das Gespräch mit ihr einen Moment lang vergessen. Dann richtete sein Augenmerk sich wieder auf ihr Gesicht und die spinnengleiche Aufmerksamkeit erfüllte ihn wieder. "Is' also doch nicht dein...äh...Vorgarten. Altruis, mh, us isses auch nich'. Äh..." Er zählte dabei an den Fingern ab. Eins. Zwei. "Du hattest anscheinend...äh...auch kein Interesse an den, mh, Jungs, ihren Waffen oder dem..., mh, ädchen." Zwei weitere Finger. "Und wenn du einfach...äh...nur deine Ruhe hättest haben, mh, wollen, hätetst du, mh, doch einfach nur warten...äh...müssen. Bis sie fertig...äh...sind. Das scheidet also, mh, auch aus." Er betrachtete die fünf abgezählten Finger und sah dann schulterzuckend wieder in ihre Richtung. "Hat es eigentlich...äh...irgendeinen Sinn, nach deine, mh, Motiv zu fragen?"
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Lou Cifer » 30 Jun 2015, 10:21

Natürlich erfassten die dunklen Augen die Bewegungen der Hände. Um ein Stück weit paranoid zu sein und es auch zu bleiben, benötigte es keiner nervösen Haltung. Es diente einzig und allein dem Überleben.

“Ich hab mir genau die Treppe da drüben ausgesucht, um da ein wenig Zeit zu verbringen und wenn jemand in meinem Sichtfeld Scheiße baut, dann beanstande ich das. Nicht mehr, nicht weniger. Weil ich mich jetzt nämlich genau da wieder hinsetzen werde. Ohne nerviges Geschrei vor meiner Nase. Reicht Dir das als Motiv?“

Die Rumflasche wechselte von der linken Hand in die Rechte, ohne, dass es dafür einen besonderen Grund gab. Jeder Mensch war voll mit unnötigen Gesten und Bewegungen, die vollkommen unbewusst geschahen. Warum also nicht auch sie? Und auch, wenn sie sich letztlich als sturer Bock herausstellte, der einfach nur seine Ruhe haben wollte, so klang sie doch fast schon ein wenig versöhnlich, als sie weitersprach, statt sich direkt wieder ihrem Feierabend drüben auf dem kühlen Stein zu widmen.

“Warum Du hier rumschleichst, würde mich allerdings schon interessieren. Kann mich nicht erinnern, Dich hier in der Gegend mal gesehen zu haben.“
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Othello » 30 Jun 2015, 11:14

Ein Lächeln erschien auf dem sonst so ernst wirkenden Gesicht des Arabers, als sie geendet hatte. "Verstehe", erwiderte er und schien das Wechseln der Flaschenhand gar nicht zu bemerken. Im Gegensatz zu ihr, konnte er sich weniger gut anpassen. Die menschlichen kleinen Signale fehlten bei ihm. "Ich habe deinen...äh...Turf...betreten. Sagt, mh, an das nicht so? Nein?" Er stieß ein kurzes Lachen aus. "Und jetzt, mh, usst du sicherstellen, dass ich..äh...nichts Böses im Sinn habe? Ja?" Er verschränkte die Arme und sein Gesicht wirkte einen Moment lang fast schon trotzig. "Würde ich dir sagen, ich, mh, uss heute Abend noch einen, mh, enschen töten, dann..äh...würdest du wohl sagen...., mh, ach's halt nicht vor meiner..äh..Treppe?" Sein Gesicht wurde wieder ernst. "Was für eine...äh...Moral soll das sein? Gossen, mh, oral?"
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Lou Cifer » 30 Jun 2015, 11:27

“Äh. Meinen was?“ fragte sie jetzt doch etwas irritiert nach, weil ihr das Wort Turf an sich tatsächlich nicht viel zu sagen schien. Dann schüttelte sie leicht den Kopf und fand sich wohl einfach damit ab, dass sie mit manchen modernen Ausdrücken einfach nicht ganz so gut klar kam, wie sie dachte. Turf. Seit wann nannte überhaupt irgendwer irgendwas Turf? “Hast Du das Wort von ner Speisekarte?“ fragte sie dann weiter nach, ohne wirklich eine Antwort darauf zu wollen.

Dann löste sich ein kurzes, leises Lachen in ihrer rauen Kehle. Verursacht durch die weiteren Worte des Fremden.


“Ich bin hier nicht der Anstandswauwau, kapiert? Was Du hier tust oder lässt ist mir herzlich egal, solange Du mir damit nicht auf den Sack gehst. Aber dass Du einen killst, das will ich sehen. Du läufst doch schon vor einem kleinen Mädchen mit Nagelfeile davon.“

Auf den Punkt mit der Moral ging sie gar nicht erst ein. Vielleicht weil sie gar keine hatte. Oder weil ihre Art von Logik einfach nicht auf irgendeiner Moral begründete.
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Othello » 30 Jun 2015, 16:24

"Deinen Turf. Deinen Sprawl. Deine...äh...Hood.", erwiderte der Araber nach einer kurzen Phase der Verwirrung. Nun, das schien die Verwirrung nicht zu minimieren, und er hatte das Thema innerlich schon abgeschlossen. "Davon abgesehen ha...äh...be ich nicht gesagt, dass ich einen, mh, enschen töten muss. Sondern nur die...äh...hypothetische, mh, öglichkeit in den Raum ge...äh...stellt. Ich habe dich...äh...so verstanden, dass du dieser, mh, ensch sein, mh, öchtest." Bei den letzten Worten verschwanden die Hände des Arabers in den Taschen des Trenchcoats, um im nächsten Augenblick mit jeweils einem Gegenstand wieder hervor zu kommen. In der rechten hielt er eine Pistole, in der linken einen Schalldämpfer. In aller Seelenruhe machte er sich daran, Letzteres auf Ersteres aufzuschrauben, keine zwei Meter von ihr entfernt, und offenbar ganz auf sein Tun konzentriert, als wäre sie gar nicht mehr anwesend.
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Lou Cifer » 01 Jul 2015, 16:52

“Worauf immer Du auch anspielst, Du vertust Dich mit Deiner Annahme ganz schön.“ knurrte sie ihm entgegen, die Geduld aufgrund seines für sie wenig Sinn machenden Ratespiels langsam verlierend.

Normal war es dann wiederum nicht so wirklich, dass sie einfach so stehen blieb, als der Araber seine Hände in die Taschen gleiten ließ, sich lediglich merklich anspannte, weil es einer dieser Momente war, in denen alles zu erwarten war. In dem irgendein Reflex sie aus lauter Vorsicht hätte einen Schritt zurückweichen lassen sollen. Normal war es auch nicht, dass sie die Glock einen Augenblick lang eher mehr mit geschäftlichem Interesse als allem anderen regelrecht mit Blicken sezierte und dem Fremden dann reglos dabei zusah, wie er den Schalldämpfer in aller Seelenruhe dran schraubte. Eigentlich war doch jetzt der Moment gekommen, in welchem man besser davon rannte. Darauf hoffte, dass die Treffsicherheit bei einem sich bewegenden Ziel erheblich nachließ. Oder wenigstens wäre die Zeit reif gewesen, um Sorge zu entwickeln, vielleicht sogar Angst. Es war nur so, dass sich ihre Augenbrauen langsam zusammen zogen. Sich der Blick der fast schwarzen Augen verfinsterte. Sichtlich unzufrieden mit dem, was sich da mittlerweile direkt vor ihr abspielte … und noch mehr als das.

Jeder kannte dieses Gefühl. Dass die Welt Luft holte, bevor sie dem Sturm auf das Land los ließ. Ähnlich war es bei der jungen Frau. Ähnlich und doch ganz anders. Es war, als würde sie einen Augenblick lang komplett erstarrten, als wäre die Glock der Lichtschein und sie das Reh. Nur dass das Reh keine Angst war … und sein wahres Gesicht zeigte, als Othello wieder zu ihr sah.

Für den Bruchteil einer Sekunde lang war nichts und dann beugte sie sich völlig unvermittelt und zusammen mit seinem Blick zurück zu ihr schon regelrecht ruckartig für den Hauch eines Stücks zu ihm vor, die Fratze mit einem Mal bestürzend ins Fürchterliche verzogen, die Fangzähne zum Biss bereit hervor gebrochen und den Fremden auf eine Art und Weise angrollend … die in einem Menschen das blanke Entsetzen, wenn nicht gar den Wahnsinn hervor gerufen hätte ... und selbst jemand, der kein Mensch mehr war würde nur zu leicht das Fürchten lernen.


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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Othello » 02 Jul 2015, 13:28

Vielleicht hätte die völlig stoische Miene, das beinahe schon professionelle Interesse an der Knarre ihm ein erster Warnhinweis sein sollen. Doch wenn man die jüngsten Ereignisse bedachte, war der Gedanke, gerade hier ein Kind der Nacht anzutreffen, einfach zu weit entfernt. Da sie keinerlei Anstalten machte, auszuweichen, trafen die drei Kugeln sie problemlos, jedes Mal begleitet von einem leisen Sirren, dank des Schalldämpfers.

Doch dann verzog ihr Gesicht sich zu einer Fratze und die Augen des Arabers weiteten sich. Fast hätte er die Waffe fallen gelassen, doch seine Finger krallten sich im letzten Moment fester um den stahlharten, kühlen Griff. Kühle... die fast schon beruhigend wirkte. Doch der Angriff auf seine Psyche war zu überraschend gekommen, er hatte keine Zeit gehabt, sich zu konzentrieren und einem uralten Instinkt folgend nahm er eine geduckte Haltung ein und fauchte zurück - ja, auch an ihm konnte sie deutlich im Mondlicht schimmernde Fangzähne erkennen. Und im nächsten Moment verschwand er. Er lief nicht einfach nur, sondern raste, schneller als jeder Hochleistungssportler es je könnte.

Hätte ein Isaac Mendez diese Szene gezeichnet, hätte er die Beine des Arabers wohl als sich schnell drehenden Kreis dargestellt.
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Re: Nachtfilm [offen]

Postby Lou Cifer » 02 Jul 2015, 15:47

Ein Mal dieses gehässige Sirren. Zwei Mal. Ein drittes Mal. Dann ein geducktes Fauchen. Die zurück bleibende Ahnung einer überstürzten Flucht, zu schnell, als dass das Auge es hätte wahrnehmen können oder der unwissende Geist es begreifen. Die Situation so eilig im Nichts aufgelöst, dass das Zellhorn verdrossen riss.

Es sirrte zum dritten Mal und aus dem aggressiven, furchterregenden Grollen wurde ein heiseres, wutschnaubendes Brüllen. Nicht weniger aus Instinkt heraus ballte sich die freie Hand zur Faust und die andere schlug mitsamt dem umklammerten Flaschenhals zu und hätte mit Sicherheit mit voller Wucht getroffen … stünde das vor Zorn verzerrte Wesen der kalten Nacht mit ihrer Wut nicht mit einem Mal völlig alleine da. Das Ziel ihres Schlages hatte gezwungenermaßen das Weite gesucht und weil sie so heftig ins Leere schlug, taumelte sie kurz einen Schritt nach vorne und keuchte und suchte … suchte nach ihm und seiner verschissenen Glock, um sie ihm mitsamt Schalldämpfer und mit einem Ruck tief in den After zu schieben, ehe sie freudig den Abzug betätigte.

Nichts zu sehen. Nur Bäume und die nach Sprit stinkende Pfütze, welche sich zwischen der am Boden zerschlagenen Flasche um ihre Stiefel herum ergoss, nachdem sie die Flasche auf den Boden gepfeffert hatte. Also gab sie die Suche auf und entfernte sich von dem Fleck, auf welchem sie bislang recht ruhig gestanden hatte und holte aus der engen Tasche ihrer knappen Shorts ein Wegwerfhandy raus. Tippte die erste SMS:


Der Araber aus Deiner Liste wollte mich abknallen. Quittung folgt.


Und dann die Zweite:

An der üblichen Ecke am Pritzker!! Jetzt!!!!!


Und steckte das Handy wieder zurück. Ihr gingen nicht nur die Ausrufezeichen aus, sondern auch die Geduld. Fünf Minuten gab sie ihnen und die waren wirklich knapp bemessen, aber nicht zu knapp. Genügend Zeit, um endlich die sich ausweitenden, blutigen Flecken an ihrer Seite zu begutachten. Ein hübscher Durchschuss und zwei Streifschüsse. Nichts von Belang, nicht für jemanden wie sie. Und schon gar nicht jetzt! Trotzdem … trotzdem verfluchte sie diesen beschissenen Wichser mitsamt seiner hinterfragenden Moral. Der Abend hätte so gut werden können!

Dann knatterten tatsächlich nur fünf Minuten und sechzehn Sekunden später drei Harleys auf den Rand des Parks zu und hielten an einer Stelle, die sich gar nicht so weit weg von der verlassenen Treppe befand. Nur kurz, damit die Frau sich bei einem der Kerle hinten auf den Bock setzen konnte, dann fuhren sie weiter. Sie mit beiden Händen festgekrallt an die schwarze Lederkutte des Fahrers, diese stellvertretend für das Gesicht des Arabers zerquetschend.
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