Hatte er sich mitreißen lassen oder hatte er sie einfach nur dorthin manövriert, wo er sie haben wollte? War er der Spur des Wirbelsturms gefolgt oder hatte er sie einfach auf der vorgezeichneten Spur abgepasst, der selbst ein Sturm nicht entgehen konnte, weil auch er nur das Produkt größerer Zusammenhänge war trotz aller ihm innewohnenden Gewalt? Genau da, wo er wollte? Denn auch scheinbar unberechenbar zu sein bedeutete keinesfalls frei zu sein. Lediglich, dass noch nicht jedes Rätsel gelöst war.
Am Ende war es doch meist viel einfacher und ließ sich auf die Grundbedürfnisse reduzieren. Sie waren beide erwachsen. Sie wollte etwas. Er wollte etwas. Er wusste das und sie ziemlich sicher auch. War man sich einig blieb man eine Weile zusammen. Manchmal ließ man sich vielleicht sogar auf den Willen des anderen ein. Passte es nicht, ging man eben wieder getrennte Wege. Und manchmal wollte man seinen Willen eben doch haben. Es gab ihn eben, den berühmten point of no return, an dem eben auch der nette Junge von Nebenan nicht mehr ganz so nett war und haben wollte, was man ihm im Aussicht gestellt hatte. Den Punkt, an dem Pizza Essen doch keine Option mehr war. Das hatte dann nur noch mit dem eigenen Willen zu tun. Und so quittierte er ihr Kopfschütteln nur mit einem kurzen Grinsen, das wenig Raum für Interpretationen ließ. Er war genau da, wo er jetzt sein wollte.
Er hatte gehofft, ab einem bestimmten Moment beinahe erwartet, dass diese Nacht etwas besonderes werden könnte. Mehr, als man normalerweise erwarten würde, wenn man aus dem Haus ging, um sich irgendwie zu amüsieren. Eine Nacht, an die man sich vielleicht sogar eine Weile erinnern würde. Aus welchen Gründen auch immer. Sie hatte diese Erwartungen geweckt, schien genau in sein Beuteschema zu passen und enttäuschte sie bisher beileibe nicht.
Bisher bekam er alles was er wollte. Freiwillig und freigiebig. Eigentlich, seit sie ihn angesprochen hatte. Jetzt erst recht. Dass er sich entsprechend revanchieren würde müßte sie glauben oder mochte ihr egal sein. Im Moment jedenfalls ließ er sie tun, was sie wollte und kostete es aus. Was nicht bedeutete, dass er die Finger von ihr lassen könnte. Dazu gab es viel zu viel zu erkunden an ihrem Körper, zu viele Kurven und Rundungen, die angemessener Aufmerksamkeit bedurften. Spielerisch biss er zurück, signalisierte ansonsten jedoch keine weitere Gesprächsbereitschaft. Widmete sich einfach dem Moment und dem was sie taten. Zu viel sollte man wohl auch nicht verlangen. Und es genügte doch auch?
Er spannte sich an, als ihre Hand sich ihren Weg suchte, atmete tief ein und vergaß das Ausatmen, als ihre Fänge etwas später ihren Weg fanden. Sein Brustkorb drückte sich gegen ihre Hand als er den Rücken durchbog, mit fest zusammengebissenen Zähnen lautlos den Kopf zurückwarf. Seine Finger pressten sich dort in ihren Körper, wo er gerade seine Hände hatte, aber Gegenwehr?
Kraft und Willen? Warum sollte er auch nur eines davon aufbringen, wenn ihm der Himmel auf Erden geboten wurde? Daß der Himmel niemals auf Erden sein konnte und niemals sein würde geriet dabei zu einem nebensächlichen Detail, das nie ganz im benebelten Gehirn als Erkenntnis Fuß fassen konnte, als rettender Strohhalm oder Besiegelung des eigenes Untergangs. Zumindest nicht in diesen Momenten.
Denn wer dachte schon nach, wenn Körper und Geist außer Kontrolle gerieten?
Fuck.